patz
Auf meinen Streifgängen kam ich oft an einer Gemüsefrau vorbei, einem
Weib mittleren Alters von realistischem Aussehn und bildhafter Ausdrucksweise.
Sie führt hauptsächlich grüne Erbsen. Ein Kunde, die von diesem Artikel gekostet
hatte, dann aber achselzuckend fortging, ohne zu kaufen, erhielt von ihr Titel,
die denen irgendeines europäischen Herrschers weder an Berechtigung noch an
orientalischer Mannigfaltigkeit nachstanden. Aber ein alter Spatz nascht täglich
ungestraft, nie verscheucht von den Erbsen, pickt die Schoten an und schmaust
die Körner. Und noch nie hatt ich die Courage, die Grünzeughändlerin zu fragen,
ob sie vielleicht Witwe sei?
Denn der Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen: der Spatz ist niemand anderer als ihr verstorbner Gatte, der sie besuchen kommt und — o ahnungsvolles Unbewußtsein — von ihr gefüttert wird!
Infolge meiner Schüchternheit werd ich nie,
nie Klarheit über diesen mystischen Sperling erringen. - Albert Ehrenstein,
Tubutsch, nach A.E.: Gedichte und Prosa. Neuwied u.a. 1961
|
||
![]() |
||
![]() |
![]() |
|
![]() |
||
|
|
|
![]() ![]() |
![]() ![]() |