paltung   Die erbeuteten Schätze wurden unter die Mitglieder der Bande verteilt. Beim Festmahl fragte der erste Häuptling nach dem Verbleib von Liu's Weib. »Ich habe sie in meine Kammer verbracht. Diesmal muß sie meine Lagergenossin werden«, erklärte Kurzbeintiger. »Einerlei, ob sie es wird oder nicht wird, bringe sie zum Vorschein! Ich möchte ein Wörtchen mit ihr reden«, befahl der erste Häuptling.

»Ich auch«, setzte Sung hinzu. Wohl oder übel mußte sich Kurzbeintiger dazu bequemen, seine Gefangene herbeizuholen.

Heulend und um Gnade winselnd, trat sie vor die Häuptlinge.

»Weib, ich hatte dir neulich in der besten Absicht und in Ansehung deines Rangs als Mandarinengattin zur Freiheit verhelfen. Warum hast du Undankbare Wohltaten mit Feindschaft vergolten? Was hast du zu deiner Rechtfertigung vorzubringen?« stellte Sung sie unmutig zur Rede. »Ach was, mit solcher Sorte wird kurzer Prozeß gemacht!« brach der erste Häuptling das Verhör ab, zog sein Schwert und spaltete sie mit einem einzigen Hieb in zwei Hälften. - (raub)

Spaltung (2)   Zu den berüchtigtsten Fürsten jener Zeit gehörte Hector, der Graf von Marseille. Er mordete und raubte, wie und was ihm beliebte. Eines Tages entführte und schändete er sogar eine adelige Jungfrau. Außerdem eignete er sich widerrechtlich Kirchengüter an. Childerich ließ Hector festnehmen und hinrichten.

Dessen Anhänger gaben Praejectus die Schuld dafür und schworen Rache. Sie legten einen Hinterhalt und fielen über den Zug des Bischofs her. Zuerst erschlugen sie aus Versehen seinen Begleiter, den hl. Amarin. Der Bischof aber stellte sie zur Rede, worauf ihn sofort ein Dolchstich traf. Und kaum hatte Praejectus sein letztes Stoßgebet gesprochen, »Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!«, da spaltete ihn ein Kriegsknecht mit dem Säbel von Kopf bis Fuß in zwei Teile. - Albert Christian Sellner, Immerwährender Heiligenkalender. Frankfurt am Main 1993

Spaltung (3)  Sie verließen das Boot und schritten auf der Insel dahin, bis sie mitten im Lande einen Quell fließenden Wassers entdeckten. Neben ihm aber hatten sie schon von weitem einen Mann sitzen sehen. An den traten sie heran und grüßten ihn; er erwiderte ihren Gruß und begann mit ihnen in einer Sprache zu reden, die dem Zwitschern der Vögel glich. Verwundert hörte Dschanschâh dieser Sprache zu; doch da blickte jener Mann nach rechts und nach links, und während die anderen noch alle staunend dastanden, teilte er sich plötzlich in zwei Hälften, und jede Hälfte ging nach einer anderen Richtung davon. Unterdessen kamen auf einmal Männer aller Art, unendlich und unzählbar viele, von dem Berge herab auf die Fremdlinge zu und eilten heran, bis sie bei der Quelle waren; dort spalteten sie sich alle in zwei Hälften. Dann stürzten sie sich auf Dschanschâh und die Mamluken, um sie aufzufressen. Als Dschanschâh erkannte, daß jene Männer sie fressen wollten, eilte er mit den Seinen davon; doch jene folgten ihnen und aßen drei von den Mamluken auf. - (1001)

Spaltung (4)  Und dann lief ich. Ja, dann lief ich viele Häuserzeilen entlang durch die Viertel meiner Stadt, eilte auf vertrauten Wegen davon. Und das Gefühl, fern meines dort liegenden Körpers zu sein, ließ mich die falsche Ruhe desjenigen wiederfinden, der sich in sein Schicksal ergeben hat, gab meinem Bewußtsein die eitle Gelassenheit, die zum Nachdenken einlädt. So lief ich endlos weiter und entwickelte unter dem kalten Mond der tiefen Nacht die Theorie meines Todes.

Und ich glaubte, die ganze Wahrheit gefunden zu haben. ›Ich habe geschlafen und geträumt. Ohne Zweifel durchschritt ich als Traumgestalt die raumlosen Dimensionen meines Traums; raumlose und zeitlose, einzigartige Dimensionen, die mit unserem engen Kerker des Wächseins nichts zu tun haben.. .‹

Ich befand mich auf dem Platz unter der alten Linde.

›Plötzlich bin ich aufgewacht, wer weiß warum. Zu plötzlich: darin liegt der Schlüssel zu meiner gegenwärtigen Lage. Erwacht man nicht im Augenblick des Todes? Ich bin derart schnell ins Reich der Menschen zurückgekehrt, daß meine Traumgestalt — die in jenem Augenblick Gefäß meines Lebens und meines Denkens war — nicht die Zeit hatte, mit zurückzukehren... Und so kam es zu der absurden Spaltung, der Bestürzung über das von meiner realen Gestalt losgerissene Traumbild; und über meinen Körper, der vom kleinen Tod des Schlafs in den großen Tod übergehen mußte, wo er jetzt lächelt.‹

Über den fernen Mauern zeigte sich ein grauer Streif.

›Ach, ich hätte niemals so jäh aufwachen sollen. Diese meine Traumgestalt wäre in ihrem engen Kerker aus Fleisch und Knochen zurückgekehrt; wenn sie sterben mußte, wären wir zusammen gestorben, ohne diese Spaltung ertragen zu müssen, deren Tragweite ich nicht ermessen kann... Das Leben ist die Zeit! Warum hämmert in mir dieser Gedanke? Das Leben ist die Zeit! Aber diese meine jetzige Zeit ist schrecklicher als jeder Tod; sie ist bewußter Tod, sie bedeutet, am Kopfende eines gräßlichen Bettes meiner eigenen Zersetzung beizuwohnen.. .‹

Und das Orchester des Tagesanbruchs stimmte leise seine kupferfarbenen Instrumente.

›Dort bin ich absoluter Raum: hier bin ich lebendige Zeit. Die Bilder der Wirklichkeit sind zerbrochen! Mein Leichnam ist, indem er nichts mehr ist; während ich kaum den Schrecken meines Nichtseins begreife, reine Zeit, die sich in keine Form bringen läßt, ein Gespenst, das der Morgen den düsteren Blicken der Leute darbieten wird.. .‹

Und es war fast schon Tag.

›Kann man mich sehen? Bin ich unsichtbar? Großmutter hat mit mir gesprochen, hat mich gestreichelt. Aber der Spiegel wollte mich nicht widerspiegeln, er blieb leer. Wer bin ich? Wie wird diese abscheuliche Maskerade enden?‹   - Julio Cortázar, Die Nacht auf dem Rücken. Die Erzählungen Bd. 1. Frankfurt am Main 1998

 

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