oziologe Nucci hatte es nicht geschafft, Karriere zu machen, obwohl er sehr scharf darauf war, und war noch immer auf der untersten Stufe der Universitätslaufbahn. Er hatte es aber, indem er immer wieder die Werke eines berühmten amerikanischen Soziologen durchblätterte, zu einem derartigen Mundwerk gebracht, daß er ohne Zweifel bei jedem staatlichen Wettbewerb mit den heikelsten Fragen dieses Fachs bestanden hätte. Außerdem war er felsenfest überzeugt, daß er die genannten Werke besser verstand als die anderen, daß im Gegenteil die Experten kaum etwas davon verstanden hatten und es ihnen noch nicht gelungen war, die grundlegende Frage so zu erfassen, wie er sie erfaßt hatte. Er wollte ein Buch schreiben, um zu zeigen, daß er mehr verstanden hatte als alle anderen, das heißt, daß er die grundlegenden Fragen in den wirtschaftlich höchstentwickelten Gesellschaften verstanden hatte. Und er sammelte die Fotokopien jeglicher Schrift des berühmten Soziologen und auch die Fotokopien jeglichen Werks, das in den Schriften des berühmten Soziologen zitiert war, und auch die Fotokopien jeglichen Werks, das in den Werken zitiert war, die in den Schriften des berühmten Soziologen zitiert waren, bis zum vierten oder fünften Grad der Zitate, glaube ich, die, sich wie ein Ölfleck ausbreitend, zu einer kolossalen Masse stinkenden und staubigen Papiers anschwollen.
Alida hatte in einer Wohnung zu leben, die von Fotokopien belagert
wurde; sie lagen stapelweise den ganzen Korridor entlang und waren in Nuccis
Arbeitszimmer eingefallen, schwappten aber auch über bis ins Klo. Hier
konnte man seine Notdurft nicht verrichten, ohne die störende Anwesenheit
von Studien über die Behandlung des Betriebspersonals, was sehr lästig
war, wenn man sich auf die sogenannte Brille setzen wollte, weil man nicht
einmal die Beine spreizen konnte. -
Gianni Celati, Im Nebel und im Schlaf. In: G. C., Cinema naturale. Berlin 2001
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