onderzug Zuerst
schien mir das Irrenhaus ein normales Krankenhaus zu
sein, in das ich mit einer physischen Verletzung eingeliefert wurde. Bald merkte
ich, daß alle Ärzte Verbrecher und am Gewinn beteiligt sind, daß in diesem Hause
furchtbare Zustände herrschten und es für keinen Patienten ein Entrinnen gab.
Ich hatte unheimliche Angst. Dann wurden wir alle in einen Sonderzug verfrachtet,
der uns Tag und Nacht, ohne je zu halten, weitertransportierte. Die Patienten
waren jetzt nicht mehr bettlägerig, sondern als geisteskrank deklariert. Und
ich wurde als Hilfskraft dem Zugpersonal zugeteilt. So erkannte ich eher als
die anderen, was wir von den Ärzten und dem unter Angst und Zwang stehenden
Pflegepersonal zu erwarten hatten. Mir wurde bewußt, daß die Patienten in Todesgefahr
schwebten. Ich will etwas für ihre Rettung tun. Aber der Zug halt nie, fährt
immer weiter, endlos weiter. Ich öffne Türen zu anderen Abteilen, finde aber
immer nur einen der unheimlichen Ärzte dahinter. Diese merken, daß ich etwas
über ihre verbrecherischen Vorhaben weiß. Sie drohen, mich aus dem sehr schnell
fahrenden Zug werfen zu lassen, wenn ich nicht Ruhe gäbe, den Mund hielte und
mich nicht mehr um die Kranken kümmere. Ich suche weiter nach einem Ausweg,
irre von Abteil zu Abteil, Waggon zu Waggon und finde nur Gegner, nur abweisende,
feindliche oder ängstliche Gesichter.
- Wolfgang Bächler, Traumprotokolle. München 1972
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