ommer 1967. Sie nahm seine Hände und wirbelte ihn im Kreis um sich herum; dann ließen sie sich ins frisch gemähte Gras fallen. Er schmiegte sich an ihren warmen Busen; sie trug einen kurzen Rock.

Am nächsten Tag waren sie mit kleinen roten Pickeln übersät, ein fürchterlicher Juckreiz überfiel sie am ganzen Körper. Der Thrombidium holosericum, auch Larve der Erntemilbe genannt, ist in den Wiesen im Sommer weitverbreitet. Sein Durchmesser beträgt etwa 2 Millimeter. Er besitzt einen kräftigen, fleischigen, stark gewölbten Leib von leuchtend roter Farbe. Er bohrt sein Rostrum in die Haut der Säugetiere und verursacht unerträgliche Reizungen.

Die Linguatulia rhinaria, der Zungenwurm, lebt in den Nasen-, Stirn- oder Kieferhöhlen des Hundes und manchmal auch des Menschen. Der Embryo ist oval und besitzt einen Schwanzfortsatz; sein Mund verfügt über einen Bohrmechanismus. Zwei Paar Gliedmaßen (oder Klammerhaken) sind mit langen Klauen versehen. Das ausgewachsene Tier ist weiß, lanzettformig und etwa 18 bis 85 Millimeter lang. Sein Körper ist flach, geringelt, durchsichtig und mit Chitinnadeln besetzt. - Michel Houellebecq, Elementarteilchen. München 2001

Sommer (2) Heuer hab ich für den Sommer überhaupt kein Gefühl mehr. In der Hitze bin ich schlapp, beim Regen miesgrämig. Konstant bleibt meine Einstellung zum Abend: da steh ich rum, unfähig, gelähmt, gerade so als sei mir übel von einer Mahlzeit und mein Magen flöße mir Zweifel an Gott ein, da es aber nicht gerade so ist, und ich für diese Abendstunde eine Beschäftigung möchte, wünsche ich mir ein Tier, dem ich jeden Tag zu dieser Zeit den Stall ausmisten könnte. Aber auch kein Gefühl mehr für das Geschlecht. Zunsn, ein Wort für das weibliche Geschlecht, finde ich nicht mehr rot und geschwellt, sondern ärgerlich und fremd. Zunn wäre die Sonne, Zusn die Susn, also die Sunn; aber doch die Zunsn. Es kommen Wörter zusammen, es wird später. Kein Gefühl. - (acht)

Sommer (3)  Es ist noch warm genug, von den Gräsern in den Saum des Sees zu gleiten, deine Kleider erröten im Gras, und drei kleine Jungen grinsen hinter der verlassenen Feuerstelle. Der Sommer aber ist oben bei den Heidelbeeren am Ende des Wegs, und Schlangeneier liegen in Ringeln auf dem abgelegenen Gipfel in der Sonne. Aber - nun ja - laßt uns wünschen, er wäre höher nach all diesen Jahren, da wir ihn anstarren bedauern, daß die dickbäuchigen Wolken einen Blick erhäschen von des Himmels dünnem Gegenkamm und in die Bergschlucht tauchen. Klebrige Spinnweben erzählen von fiebrigen Mitternächten. Schlag einen Fels entzwei (was sind schon tausend Jahre!) und laß ihn krachend in den Eichen landen! Wickle eine Kiefer in das Netz eines Grauwurms und tu so, als sei sie eine Forelle; oh - aber es ist der Mond, der das tut! Nein, der Sommer ist die andere Seite des Berges hinuntergegangen. Laßt uns heimtragen, was wir können. Was hast du ergattert? Ah, hier sind Brombeeren.

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Im mittleren Alter geht der Geist zu einem buntscheckigen Oktober über. Es ist die Zeit, die die Jugend in ihren fälschlichen Bestrebungen für das Erklimmen höchster Gipfel gesetzt hat. Hat man aber die Bergspitze erreicht, so wird man nicht von einer Wolke entfuhrt, vielmehr bietet der Abstieg seine Schmeicheleien wie etwas Selbstverständliches an. Hierbei gerät der Mensch in große Verwirrung und schaut sich eher kläglich um, zu sehen, ob es einem anderen besser ergangen ist als ihm.   - (kore)

Sommer (4)  Einem Durchschnitts-Physiologen hätte die Energie jener beiden Kinder anomal vorkommen können. Ihr gegenseitiges Verlangen wurde unerträglich, wenn es nicht innerhalb von wenigen Stunden mehrmals befriedigt wurde, in Sonne oder Schatten, auf dem Dach oder im Keller, egal wo. Trotz ungewöhnlicher Leidenschafts-Reserven konnte der junge Van mit seiner blassen kleinen amorette (lokaler französischer Dialekt) kaum Schritt halten. Ihre maßlose Ausbeutung physischer Freude grenzte an Irrsinn und hätte wohl ihr junges Leben verkürzt, hätte nicht der Sommer, der zunächst als ein grenzenloser Strom grüner Glorie und Freiheit erschienen war, begonnen, verschwommen auf mögliche Schwächen und Schwund hinzudeuten, auf den Verfall seiner Fuge - letzte Zuflucht der Natur, treffliche Alliterationen (wenn Flora und Fliegen einander nachahmen), das Nahen einer ersten Pause im späten August, eines ersten Schweigens im frühen September. Die Obstgärten und die Weinberge waren besonders malerisch in jenem Jahr; und Ben Wright wurde gefeuert, nachdem er unverblümt Luft gelassen hatte, während er Marina und Mlle Lariviere vom Vendange-Festival in Brantôme bei Ladore nach Hause fuhr.   - (ada)

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