iegelring   «Was ist passiert?» Stanley füllte sein Glas nach.

«Wir sind alle keine Heiligen, Pop. Wir sind alle nur Menschen, und so fing Dale an, mit dem Taxifahrer zu ficken. Wenn da weiter nichts gewesen wäre, hätte es keine Probleme gegeben. Wenn man so was anfangt, hat man nach 'ner Weile genug voneinander, und dann ist es wieder zu Ende. Sie wäre ein Star geworden, und er hätte höchstwahrscheinlich seine Maklerausbildung beendet. Aber zufällig fickte Dale auch mit ihrem Manager. Schließlich hatte er sie ja entdeckt; er hatte sie bei einem ‹Nasse T-Shirts›-Wettbewerb oben in Daytona Beach aus einem ganzen Schwarm von Mädchen herausgepickt. Er hatte ihr die erste Chance gegeben, und er pushte sie nach oben. Für diese Mühe hatte er das Recht, sie zu vögeln, denn noch verdiente sie nicht das große Geld. Im Showbusiness läuft das so. Wahrscheinlich hast du das gleiche schon im Kino gesehen.»

Stanley nickte. «Und im Fernsehen.»

«Aber das hier ist 'ne Geschichte aus dem wirklichen Leben. Dale ist nicht allzu clever, und ihr Manager war auch nicht eben gerissen. Aber er erfuhr von diesem Taxifahrer, und das ist es, was mit Dales Gesicht passiert ist. Mitten in der Nacht platzte der Manager zu ihr herein und verabreichte ihr eine höllische Tracht Prügel, und das war das Ende ihrer Bühnenkarriere. Ganz gleich, wie schön ihr Körper ist, ihr Gesicht wird die Kunden vergraulen.»

«Dieser Mann gehört ins Gefängnis, wenn er ihr Gesicht derart ruiniert hat.»

«Nicht so hastig, Pop. Du siehst die Sache nicht objektiv. Es ist alles viel komplizierter. Man könnte zum Beispiel zu bedenken geben, daß Dale es verdiente, daß er sie ein bißchen in die Mangel nahm. Schließlich investierte ihr Manager eine Menge Zeit und Mühe in den Ausbau ihrer Karriere. Das durfte sie nicht mit einem Taxifahrer aufs Spiel setzen. Und Tatsache ist, daß ihr Manager auch nicht die Absicht hatte, sie in dieser Weise zu zeichnen. Sie war Brot und Butter für ihn. Aber leider war er betrunken, als es passierte, und er vergaß, seine Ringe abzunehmen. Er trug einen großen dicken Siegelring und noch einen Ring am kleinen Finger. Damit hat er ihr das Gesicht so bös zerschnitten. Und weil er betrunken war, schlug er noch lange auf sie ein, als er schon längst hätte aufhören sollen. Daß sie eine Tracht verdient hatte, mußt du zugeben.»   - Charles Willeford, Seitenhieb. Reinbek bei Hamburg 1996