Sieg ⁽²⁾ Hannibal, Sohn des Hamilkar, Karthager. Wenn es stimmt, was sowieso niemand bezweifelt, daß das römische Volk allen übrigen Völkern an kriegerischer Tüchtigkeit überlegen ist, dann läßt sich nicht bestreiten, daß Hannibal im selben Maß die übrigen Heerführer an Klugheit übertraf, wie das römische Volk sämtliche Nationen an Tapferkeit hinter sich läßt.  Denn sooft er sich in Italien mit ihm im Kampfe maß, ging er stets als der Überlegene daraus hervor. So hätte er wahrscheinlich die Römer niederringen können, hatten ihm nicht die eigenen Leute aus Neid und Gehässigkeit Steine in den Weg gelegt. Doch die Obstruktion der vielen siegte über die Tüchtigkeit des einen Mannes. - (gsv)

Sieg ⁽³⁾  An manchen Tagen hat man zu nichts Lust, zu nichts Neigung; nicht einmal eine Handbewegung würde man tun, um die Welt zu ergreifen, wenn sie sich einem anböte; ob Dinge, ob Menschen, vor allem hat man Abscheu: vor den anderen, vor sich selbst, der eigenen Arbeit, dem eigenen Leben, der eigenen Vergangenheit, der eigenen Zukunft. Es sind Tage, wo der Gedanke an den Tod alles kindisch, sinnlos und lächerlich macht, wo man für sich selber Mitleid und Abscheu zugleich empfindet, in einer großen, allgemeinen Verzagtheit befangen ist und nichts mehr sehen, wissen, hören, sich an nichts mehr erinnern und nichts mehr hoffen möchte, wo man sich im Dunkeln einschließt, als könne man damit für einen Augenblick zu existieren aufhören. Wie viele solcher Tage habe ich in meinem Leben gekannt. So zahlreich sogar sind sie gewesen, daß ich mich frage, wie ich das wenige habe leisten können, das ich getan habe. Wie viele Siege - oh, ganz kleine Siege! - über mich selbst habe ich immer wieder erringen müssen.  Dieser dauernswerte Zustand ist der Urgrund meines Charakters, ist die übliche Tönung meines Lebens. Und zwar immer ohne jede reale, wesentliche Ursache, denn über die kleinen Widrigkeiten des Lebens hilft mir meine Ironie hinweg.   - (leau)

Sieg ⁽⁴⁾ Die verteilung von medaillen, orden und gedenkkaramellen dauerte sechs monate. Der bau von siegesdenkmälern in form von adlern, zitronen, hähnen, rotz, parallelepipedon, frostbeulen, blitzen usw. dauerte weitere sechs monate. Man setzte das datum der ruhmreichen jahresfeiern fest, und das ganze nächste jahr war ein einziger feiertag, mit blumenfurnieren und prozessionen, die rund um jedes denkmal zogen. Aus allen winkeln der welt kamen abordnungen, um vor diesen sinnbildern des ruhmes einbalsamierte kaninchen, kränze aus türkischen zigaretten, gezähmte kanarienvögel, melodiöse schnitze!, gebisse von jungfrauen, petroleumlampen mit der patina der Jahrhunderte niederzulegen.  - Hans Arp, Vicente Huidobro: Der gefesselte Storch. Elsässische patriotische Novelle. Nach (huarp)