Sexualobjekt (2) Mein einigermaßen schöner Körper ist mein Unglück. Selbst intelligente
und wie man gern sagt feinsinnige Männer fallen auf ihn herein, ohne daß ich
das will. Im Gegenteil. Sie mißverstehen mich als Körper, als eine photographierbare,
quetschbare und abschleckbare Suse. Um Bettabenteuer brauche ich nicht bang
zu sein. Ich kann mir vorstellen, daß ein Mann etwas davon hat, wenn er einen
Mädchenkörper in Ruhe anschauen darf und mehr. Aber das sage ich mit dem Hirn.
Inwendig kommt es mir lächerlich vor - mein Körper, für mich das Selbstverständlichste
auf der Welt und ergo - dessen das Langweiligste, wenn ich nicht gerade Schmerzen
habe - als Konkurrent für mein Ich!, für mein Eigentliches, für die echte Suse,
die es nur einmal gibt auf der Welt und vorher und nachher nie mehr. Die ist
nicht mein noch so hübscher Popo und mein Doppelkamel- Busen und meine steifen
aufgeklebten Wimpern aus der Schachtel und das unnütz durchlochte Ohr (weil
ich immernur Klips trage). Nicht einmal wenn ich an meinen Brustwarzen
reibe oder um die Clitoris herum und mir damit zweifellos
Freude mache, bemerke ich etwas von meinem Körper. Eine gewisse Gehirnregion,
wie wir gelernt haben, macht Theater und ich bin kurzezeit glücklich, ich sehe
Honigwaben dabei oder spüre etwas wie Elektrizität oder Musik, aber mein Körper
ist dafür doch nur Mittel zum Zweck, so wie ich, wenn ich mich m Bildhauerei
versuche und von einem werdenden Kunstwerk entzückt bin, dabei nicht meine Hand
anbete, die das macht. Ich bohre gern nase. Das ist
aber Begleitmusik zu irgendwelchen Gedanken über Politik, der Scheinwerfer ist
auf den Politiker gerichtet, nicht auf meine eigene Nase. Für den Zuschauer
bin ich prompt Nasenbesitzerin, mit einer Unart geschlagen. So die Männer: jedes
gescheite Gespräch schneiden sie einem ab. Ich habe oft einmalige Einfälle zu
Theaterstücken, die ich gesehen habe, ich könnte die beste Kritikerin sein oder
Regisseuse, dort ist Leben, Buntheit Bewegung, einfach Geist und die Möglichkeit,
eine künstliche Welt auszuprobieren, also vielleicht die einzige Freiheit die
der Mensch hat - nein, aber der Bertl oder der Ignaz oder der Michael hören
schon bei den ersten Worten nicht hin und starren auf das bißchen gelbliche
warme Haut, das über meinem BH zu sehen ist, und dieses Bißchen von mir, das
ohne Schaden heut oder morgen wegoperiert werden kann, in den Mülleimer, in
den elektrischen Ofen, ohne daß meine Kinovorstellung, meine lebenslange, nur
einen Augenblick unterbrochen wird - dieses Bißchen von mir und das völlig fremde,
in einer Drogerie gekaufte Parfüm irgendeiner Wucherfirma, aus Pflanzen, deren
Botanik meine Verehrer schon wieder gar nicht interessiert, auf dieses Bißchen
konzentrieren sie ihre ganze Aufmerksamkeit, verschwenden für den glorreichen
Wunschtraum von ein paar Samenspritzern in die gelbliche parfümierte Suse ihr
Hirn, das die schönsten Sachen mit mir machen könnte: Lese- und Theatererlebnisse
austauschen, über den Sinn des Lebens philosophieren, ein Pingpong geistvoller
Kommentare zu dem, was sich rings um uns abspielt - Liebe könnte ich mir nur
so vorstellen: gemeinsames Schauen auf etwas Drittes, nicht dieses blöde Einander-Angaffen.
Ich glaube, das sagte einmal Claudel, aber da muß er - als Mann - schon sehr
alt gewesen sein. -
(met)
Sexualobjekt (3)
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