Sexualbluff  Als sie sich zur Seite wandte, war Ranepo nicht mehr da, sondern der blonde Jüngling, der sie mit sanfter Gewalt an seinen Tisch führte.

Nach zwei Stunden stellte Cosma fest, daß ihr Kavalier sehr routiniert sich benahm: er hatte ihr keineswegs den Hof gemacht, sondern einen Vortrag über die eigenartigen Geschlechtsbetätigungen der Javaner gehalten und hierauf resolut vorgeschlagen, wenn sie dem von ihm geleiteten diesbezüglichen Anschauungsunterricht Gäste zuführen und durch ihre Anwesenheit stimulieren wolle, ihr zwanzig Prozent der erzielten Gesamteinnahme zu überlassen.

Ohne noch zugestimmt zu haben, immerhin aber über die Originalität dieses Köders erstaunt, begab Cosma sich in die Toilette. Auf dem Rückweg begegnete sie, einer stereotypen Abmachung gemäß, Ranepo, der es gleichfalls für richtig hielt, jenen Vorschlag, der zweifellos bloß die tolle Lüge eines Schüchternen sei, anzunehmen, und versprach, bald an ihren Tisch sich zu schmuggeln.

Als dieses Versprechen erfüllt war, hatte er drei Herren und drei Damen aus der Umgebung rasch veranlaßt, am Tisch Platz und an dem für zwei Uhr nachts in einem Privathaus der Calle de Preciados verhießenen Anschauungsunterricht teilzunehmen.

Als man daselbst in sehr würdelosem Zustand eingetroffen war, kassierte der blonde Jüngling noch auf der Treppe das Eintrittsgeld ein, 500 P. pro Kopf, und ließ erst dann die Gesellschaft in einen sehr eleganten Salon eintreten, in dem auf allen Tischen, bereits geöffnet und von Glasern umstellt, Weine und Liköre der Gäste harrten, die, nachdem etliche Flaschen geleert waren, in einen bis zum folgenden Mittag währenden Schlaf verfielen.

Nur bei Cosma wurde er unterbrochen, da Ranepo sie gegen vier Uhr in ein Auto trug, das in wenigen Minuten vor dem Hotel Colon hielt. Dessen Portier war nach Einhändigung von zwanzig Pesetas blind für den Umstand, daß Ranepo mit einer taumelnden Dameim Arm in den Lift trat ...

Mit brennendem Kopf erwachte Cosma gegen neun Uhr und riß die Augen auf: »Sixto!« Sie weckte ihn rücksichtslos. »Sind wir denn immer noch in diesem Schweinestall?«

»In einem andern: meinem Zimmer.« Ranepo probierte den Unterkiefer, als schmerze er.

»Wie kam ich hierher?« wisperte Cosma wütend.

Ranepo begann mit gewollter Langsamkeit zu erklären.

»An die Autofahrt mit dir erinnere ich mich jetzt«, unterbrach ihn Cosma heftig. »Aber du ... bist du dort auch eingeschlafen?«

»Ich bekam kein Schlafpulver.«

Cosma zwinkerte gewalttätig. Ihre Zungenspitze wurde sichtbar. Und ihre kleinen Finger hoben sich steif.

Ranepo beschäftigte sich mit deren Anblick, gleichmütig berichtend: »Den Java-Sexualbluff habe ich dem blonden Jüngling persönlich geliefert. Ich versprach ihm ein Drittel der Einnahmen. Nach der Zahlung mußten die Leute leider eingeschläfert werden.«   -  Walter Serner, Psychodancing. In: W. S.,  Die tückische Straße. München 1982 (zuerst ca. 1926)

 

Bluff Geschlechtsleben

 

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