Selbstportrait (2)
Selbstportrait (3)
Den größten Effekt erreiche ich mit den Selbstbildnissen. Einmal, weil
diese Disziplin heutzutage wenig oder gar nicht gepflegt wird, zum anderen,
weil eine komödiantische Veranlagung mich in den
Stand setzt, mir mein Gesicht nach Bedarf ganz überzeugend mal heiter-jung,
mal melancholisch, mal wild und ein anderes Mal wildverwüstet-aufgeschwemmt
und geradezu aufregend erscheinen zu lassen. Meine zeichnerische Fertigkeit,
das jeweilige Spiegelbild sehr genau, aber mit der
so außerordentlich wichtigen Untertreibung zu konterfeien, liefert dann den
Eindruck der vom Publikum so begehrten Ehrlichkeit.
Daß die Herstellung von Selbstbildnissen die bequemste Art des Gelderwerbs ist,
ist offensichtlich. - (
jan
)
Selbstportrait (4)
- Horst Janssen
Selbstportrait (5)
Ein Leben lang hat sich die Mexikanerin Frida Kahlo porträtiert.
An der Hand ihres Malergatten Diego Rivera oder ihn mit drei Augen auf ihre
Stirn gezeichnet. Sie hat sich für ihre Selbstbildnisse zwischen Vorhänge gestellt
und auf die Grenze zwischen Mexiko und den USA, und sich oft einen Papagei und
Affen mitgegeben. Sie hat auch die beiden Frida gemalt, verbunden durch Schläuche
von offenen Blutbahnen. Als ein Rückenleiden sie dazu verurteilte, nur noch
liegen zu können, malte sie das Stützkorsett, auf ihren Leib genagelt. 1946
hat sie sich als Hirschkuh dargestellt; sie hat dem Tier ihr eignes Gesicht
geliehen. Im Körper stecken Pfeile. Es ist schwer auszumachen, ob das Blut,
das aus den Wunden tropft, von ihr oder vom Tier stammt; es ist in beiden Fällen
von roter Färbung, ist klebrig und trocknet an der Luft. - (
loe2)
Selbstportrait (6)
Selbstportrait (7)
-
Siné, nach: Boris Vian, Der Voyeur. Berlin 1989
Selbstportrait (8)
Selbstportrait (9)
- Adolph von Menzel
Selbstportrait (10)
-
Hippolyte
Bayard, Selbstporträt als
Ertrunkener
(ca. 1840)
Selbstportrait (11)
Selbstportrait (12)
- Rembrandt
Selbstportrait (13)
Selbstportrait (14)
Selbstportrait (15)
-
Otto Dix
Selbstportrait (16)
"Ipse
in caelum"
Selbstportrait (17)
Selbstportrait (18)
Das Bild ist ein Selbstporträt. Sie besteht darauf, daß es der Wirklichkeit entspricht. Ich finde es erbärmlich schlecht. Nicht der Schatten einer Ähnlichkeit. Die wirkliche Djuna hat nicht eine Spur von dieser verschlampten Störrischkeit.
Rote Wangen. Kastanienbraunes Haar. Graue Augen, die stets blitzen vor Vergnügen und Verschmitztheit. Phantastische Ohrringe, malerisch gekleidet, stets bereit, das Leben zu genießen - das ist die wahre Djuna, wie sie die Fifth Avenue entlanggeht oder, eine Zigarette in der Hand, ihren Café im Lafayette trinkt.
Ihre Morbidität ist keine Pose. Sie ist so aufrichtig wie sie selbst.
Sie ist nur eine von vielen: Eine neue Schule, die während der Kriegsjahre
aus dem Boden geschossen ist. Anhänger der Dekadenz der berühmten 90er Jahre
Frankreichs und Englands im robusten, ehrgeizigen Amerika. - Guido
Bruno 1919, nach: Djuna Barnes, Portraits. Berlin 1986
Selbstportrait (19)
-
Leonardo da Vinci ("heavily digitally enhanced to make it clearly visible")
Selbstportrait (20)
Selbstportrait (21)
Selbstportrait (22)
Selbstportrait (23)
Selbstportrait (24)
- Arnold Schönberg
Selbstportrait (25)
Selbstportrait (26)
- George Grosz, nach: Hanne Bergius, Das Lachen DADAS. Die Berliner Dadaisten und ihre Aktionen. Giessen 1989
Selbstportrait (27)
- Otto Dix 1920, nach: Hanne
Bergius, Das Lachen DADAS. Die Berliner Dadaisten und ihre Aktionen. Giessen 1989
Selbstportrait (28)
Selbstportrait (29)
Selbstportrait (30)
Selbstportrait (31)
Selbstportrait (32)
Selbstportrait (33)
Selbstportrait (34)
Selbstportrait (35)
- Max Ernst 1920, nach: Hans
Richter, Dada - Kunst und Antikunst.
Köln 1964
Selbstportrait (36) Ich weiß nicht, ob Sie Marchenoir auch als Achtzehnjährigen kennen, so wie ein grimmiges, von ihm selbst in Haifischöl gemaltes Portrait ihn zeigt, auf das er nur engsten Vertrauten einen Blick gestattet. Auf diesem Bild erscheint er, das Gesicht von Reue zernagt, in einem Kitt aus Erdpech, Umbraerde und Bleikarbonat, den Betrachter aus zwei furchtbaren, vor lauter Eindringlichkeit blutig gefärbten Augen anblickend. Wer das nicht gesehen hat, hat überhaupt nichts gesehen.
Dies war das erste Erscheinungsbild unseres Helden, der Maler werden wollte
lange bevor er sich zum Schriftsteller berufen fühlte und, meiner Treu, in seinen
Bildern genau das gewesen wäre, was er in seinen fürchterlichen Büchern ist,
nämlich der liebenswürdige Fleischerhund und himmlische Kannibale,
den wir bewundern. - Leon Bloy, Unliebsame Geschichten. Stuttgart 1983
(Die Bibliothek von Babel, Bd. 4, Hg. J.
L. Borges)
Selbstportrait (37)
Selbstportrait (38)
Selbstportrait (39)
Selbstportrait (40)
Selbstportrait (41)
- Leon Spillaert
Selbstportrait (42)
Selbstportrait (43)
"Selbstportrait versoffen in Luginbühl's Truthahnfüssen"
Selbstportrait (44)
Selbstportrait (45)
Selbstportrait (46)
Selbstportrait (47)
Selbstportrait (48)
Selbstportrait (49) Der Erfinder der Quadratur des Kreises ist von der Natur nicht nur in bezug auf seine intellektuellen Fähigkeiten begünstigt worden, sondern sie hat ihn auch mit großen physischen Vorzügen ausgestattet; er erfreut sich einer robusten Konstitution, obgleich sein Äußeres das Gegenteil anzuzeigen scheint; er besitzt einen durchdringenden Blick, sein Geschmack ist ausgezeichnet, sein Geruchssinn überaus empfindlich, sein Gehör fein und sein Tastsinn delikat; seine körperliche Kraft ist beachtlich, wenn man seinen Körperbau berücksichtigt, der schmächtig zu sein scheint, und das ist so wahr, daß er am selben Tag fünfundzwanzig Meilen zu Fuß zurücklegen und am nächsten Tag wieder loslegen kann; er hat sich außerdem überlegen allen gymnastischen Spielen gewidmet, zur großen Enttäuschung seiner Gegner.
Die Natur hat ihn auch mit großer Geschicklichkeit ausgestattet, da es ihm möglich ist, sich erfolgreich jeder gewünschten künstlerischen Arbeit zu widmen; denn es ist gut, daß Sie es hier erfahren, Leser, die Natur liebt und beschützt die Künste. Mit neun Jahren war er Schmied; er ist Zimmermann geworden, Stellmacher, Schreiner, Mechaniker, Schiffsbauer (denn er hat Modelle gebaut), Bildhauer, Holz-und Metalldreher, er ist Maurer, Steinmetz, Werkmeister, Kupferschmied, Glaser, Dekorateur, Maler, Zeichner, Architekt, Lithograph, Schneider, sogar Schuster, da es ihm gelungen ist, den nahtlosen Schuh herzustellen; und als er sein Buch setzen ließ, hat er sogleich die Möglichkeit erkannt, die Buchstaben in den Winkelhaken zu setzen, ohne sie zu berühren, ein Verfahren, das es schon gab, von dem er aber nichts wußte. Keiner dieser Vorteile kann ihm streitig gemacht werden, da er Beweise dafür geliefert hat; doch er hat nie etwas gelernt; er braucht nur zuzusehen, wie es gemacht wird und sofort begreift er die Schwierigkeiten, die zu überwinden sind, macht sich ans Werk und hat Erfolg.
Er könnte sich erfolgreich mit Literatur, Geschichte, Politik befassen; er wird ebenso schöne und korrektere Verse schreiben als die aus der Feder der berühmtesten Dichter, ohne jedoch die Regeln zu kennen, die sie aufgestellt haben. Mit einem Wort, alles, was den anderen Menschen möglich ist, kann der Erfinder der Quadratur des Kreises machen, oft mit der gleichen Vollkommenheit, und er kann sie in bestimmten Fällen auch übertreffen. Der Teil aber, in dem er sich auszeichnet und dem er besonders zugetan ist, das sind die exakten Wissenschaften. Das einzige, was ihm unmöglich ist, ist das Studium der Fremdsprachen; daher sind seine Erfolge in Latein mehr als dürftig gewesen; die Ursache dafür ist in seiner ausgesprochenen Abneigung gegen alles, was fremd ist, zu finden, da er vom Charakter her und aus Prinzip außerordentlich national ist.
Unabhängig von all diesen Vorteilen besitzt der Erfinder der Quadratur des
Kreises ferner auch Herzensqualitäten: er ist sensibel, ohne daß er sich den
Anschein geben will; er ist von Natur aus und ohne es zu zeigen menschlich und
findet sein Glück darin, gefällig zu sein; er ist schlicht und einfach in seinem
Verhalten, seiner Kleidung und seiner Lebensart; er liebt seine Familie und
ganz besonders seine Mutter, der gegenüber er es nur zweimal am schuldigen Respekt
hatte fehlen lassen und das aus einem Grund, der nicht tadelnswert war. Lebhaft,
ungestüm und sehr überlegen, haßt er die ungeschickten Widerspruchsgeister und
wenn sie versuchen, ihm die Stirn zu bieten, gerät er außer sich vor Zorn und
geht manchmal so weit, daß er zuschlägt. Aufrichtiger Freund der Wahrheit, bekämpft
er die Lügner und die Heuchler und ganz besonders die Verderber und die Intriganten
bis aufs Messer; schließlich schmettert er, ähnlich der Natur, deren lebendige
Darstellung er ist, mitleidlos seine Feinde zu Boden. - Porträt
des J.-P. Lucas, von ihm selber, nach
(lim)
Selbstportrait (50)
Attila Jószef Gut war er, heiter. Als verdrießlich
auch bekannt, |
- Attila József, nach
(mus)
Selbstportrait (51)
Meine Füße stehen auf von vielen Schritten abgerundeten Steinen in einer
Tropfsteinhöhle. Ich lasse mir das Bärenfleisch schmecken. Mein Bauch ist
von einer warmen Meeresströmung umflossen, ich stehe in den Lagunen, mein
Blick fällt auf die rötlichen Mauern einer Stadt. Brustkorb und Arme stecken
in einem Panzer aus dicht übereinandergenähten Lederschuppen. In den Händen
halte ich eine Schildkröte aus weißem Marmor. In meinem Kopf sind die Gedanken
eingeschlossen wie in einem Bienenkorb. Später schreibe ich sie nieder.
Die Schrift ist verbrannt, als die Bibliothek von Alexandrien brannte.
Die schwarze Schlange mit dem weißen Kopf steht im Museum in Paris. Dann
verbrennt auch sie. Alle Gedanken, die je gedacht wurden, rollen um die
Erde in der großen Geistkugel. Die Erde zerspringt, die Geistkugel platzt,
die Gedanken zerstreuen sich im Universum, wo sie auf andern Sternen weiterleben.
- Meret Oppenheim: Husch, husch, der schönste Vokal entleert sich. Gedichte,
Zeichnungen. Frankfurt am Main 1984
Selbstportrait (52)
- Jean Giraud
Selbstportrait (selbstbewußtes, 53)
Selbstportrait (54)
Selbstportrait (55)
Selbstportrait (56)
- Antonin Artaud 1947
Selbstportrait (57)
"Mit und ohne Maske"
Selbstportrait (58)
- Vincent van Gogh
Selbstportrait (59)
- Ernst Ludwig Kirchner
Selbstportrait (60)
Selbstportraits (61)
Selbstportrait (62)
- Max Beckmann
Selbstportrait (63)
Er stirbt, nachdem er allzulang gelebt; sein Augenlicht war schon vor Jahren
erloschen. Degas' allmählicher Niedergang begann mit der merklichen Schwächung
seines Sehvermögens. Nach und nach wurde ihm die Arbeit unmöglich, und der Sinn
seines Lebens schwand dahin noch vor dessen Ende. Eines seiner letzten Werke
war sein Selbstbildnis mit Schirmmütze und weißem, kurzem, borstigem Bart. Er
zeigte es und meinte: "Ich gleiche einem Hund." - (
deg
)
Selbstportrait (64)
Selbstportrait (65)
Selbstportrait (66)
- Robert Crumb, Head Comix (1970)
Selbstportrait (67)
Erinnern Sie sich an ein Selbstporträt von Tintoretto, Alterswerk, ich
weiß nicht, wo es hängt, ich sah es nur auf einer Abbildung, aber die kann man
nicht vergessen, dafür gibt es nur eine Vokabel: ranzig. Oder Rembrandts
Spätbild: verschlossen, vorsichtig, ein kaltes: ohne mich. Keiner der großen
Alten war Idealist, sie kamen ohne, Idealismus aus, sie konnten und wollten
das Mögliche - Dilettanten schwärmen. - Gottfried Benn, Altern
als Problem für Künstler. In: G. B., Essays, Reden, Vorträge. Wiesbaden 1965
(zuerst 1954)
Selbstportrait (68)
- Jacopo Tintoretto
Selbstportrait (69)
- Rembrandt
Selbstportrait (70)
Charakter einer mir bekannten Person
Ihr Körper ist so beschaffen, daß ihn auch ein schlechter Zeichner
im Dunkeln besser zeichnen würde, und stünde es in ihrem Vermögen,
ihn zu ändern, so würde sie manchen Teilen weniger Relief geben. Mit
seiner Gesundheit ist dieser Mensch, ohnerachtet sie nicht die beste ist, doch
noch immer so ziemlich zufrieden gewesen, er hat die Gabe, sich gesunde Tage
zunutzen zu machen, in einem hohen Grade. Seine Einbildungskraft, seine treuste
Gefährtin verlaßt ihn alsdann nie, er steht hinter dem Fenster den
Kopf zwischen die zwo Hände gestützt, und wenn der Vorbeigehende nichts
als den melancholischen Kopfhänger sieht, so tut er sich oft das stille
Bekenntnis, daß er im Vergnügen wieder ausgeschweift hat. Er hat
nur wenige Freunde, eigentlich ist sein Herz nur immer für einen gegenwärtigen,
aber für mehrere Abwesende offen, seine Gefälligkeit macht daß
viele glauben er sei ihr Freund, er dient ihnen auch aus Ehrgeiz, Menschenliebe,
aber nicht aus dem Trieb der ihn zum Dienst seiner eigentlichen Freunde treibt.
Geliebt hat er nur ein- oder zweimal, das eine Mal nicht unglücklich, das
andere Mal aber glücklich, er gewann bloß durch Munterkeit
und Leichtsinn ein gutes Herz, worüber er nun oft beide vergißt,
wird aber Munterkeit und Leichtsinn beständig als Eigenschaften seiner
Seele verehren, die ihm die vergnügtesten Stunden seines Lebens verschafft
haben, und könnte er sich noch ein Leben und noch eine Seele wählen,
so wüßte ich nicht ob er andere wählen würde, wenn er die
seinigen noch einmal wieder haben könnte. Von der Religion hat er als Knabe
schon sehr frei gedacht, nie aber eine Ehre darin gesucht ein Freigeist zu sein,
aber auch keine darin, alles ohne Ausnahme zu glauben. Er kann mit Inbrunst
beten und hat nie den 90ten Psalm ohne ein erhabenes, unbeschreibliches
Gefühl lesen können. Ehe denn die Berge worden pp ist für
ihn unendlich mehr als: Sing unsterbliche Seele pp. Er weiß nicht
was er mehr haßt, junge Offiziers oder junge Prediger, mit keinen von
beiden könnte er lange leben. Für Assembleen sind sein Körper
und seine Kleider selten gut, und seine Gesinnungen selten .... genug gewesen.
Höher als drei Gerichte des Mittags und zwei des Abends mit etwas Wein,
und niedriger als täglich Kartuffeln, Äpfel, Brot und auch etwas Wein,
hofft er nie xu kommen, in beiden Fällen würde er unglücklich
sein, er ist noch allzeit krank geworden, wenn er einige Tage außer diesen
Grenzen gelebt hat. Lesen und Schreiben ist für ihn so nötig als Essen
und Trinken, er hofft es wird ihm nie an Büchern fehlen. An den Tod denkt
er sehr oft und nie mit Abscheu, er wünscht daß er an alles mit so
vieler Gelassenheit denken könnte, und hofft sein Schöpfer wird dereinst
sanft ein Leben von ihm abfordern, von dem er zwar kein allzu ökonomischer,
aber doch kein ruchloser Besitzer war. - Georg Christoph Lichtenberg, nach (
licht
)
Selbstportrait (71)
- Théodore Guéricault
Selbstportrait (72)
- Daniil Charms
Selbstportrait (73)
- Francis Picabia
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