elbstdiziplin  1.) Töten Sie Ihren Geist ab, indem Sie ihm alle eitlen Vorstellungen untersagen, alle unnützen oder wesensfremden Gedanken, die nur Zeit kosten, die Seele verwirren und den Geschmack an der Arbeit und an ernsthaften Dingen verleiden.

2.) Jeglicher Gedanke der Trübsal und der Unruhe muss aus Ihrem Geist verbannt werden. Die Sorge um all das, was Ihnen in der Folgezeit widerfahren könnte, darf Sie keineswegs in Anspruch nehmen. Was die schlechten Gedanken anbelangt, die Sie wider Willen quälen, so müssen Sie diese, indem Sie sie zurückweisen, zu einem Gegenstand und Prüfstein Ihrer Geduld machen. Da sie unfreiwillig sind, werden sie für Sie nur eine Gelegenheit sein, um Verdienste zu erwerben.

3.) Vermeiden Sie den Eigensinn in Ihren Ideen und die Hartnäckigkeit in Ihren Gefühlen. Verschaffen Sie bereitwillig dem Urteil der anderen Geltung, solange es sich nicht um Dinge handelt, bei denen Sie die Pflicht haben, sich zu äußern und zu sprechen.

4.) Töten Sie das natürliche Werkzeug Ihres Geistes ab: das heißt, die Zunge. Üben Sie sich gerne im Schweigen, sei es, dass Ihre Regel es Ihnen vorschreibt, sei es, dass Sie es sich freiwillig auferlegen.

5.) Ziehen Sie es vor, die anderen anzuhören, als selbst zu sprechen. Sprechen Sie indessen zu gelegener Zeit, indem Sie gleichwohl das Zuviel-Sprechen als einen Exzess vermeiden, der die anderen daran hindert, ihre Gedanken zum Ausdruck zu bringen, als auch das Zuwenig-Sprechen, das auf eine verletzende Sorglosigkeit schließen lässt.

6.) Unterbrechen Sie nie denjenigen, der spricht, und kommen Sie nicht durch eine übereilte Antwort demjenigen zuvor, der Sie fragt.

7.) Bewahren Sie einen immer gemäßigten Ton in Ihrer Stimme, der niemals barsch oder schneidend klingt. - Vermeiden Sie Ausdrücke, wie 'sehr', 'äußerst', 'fürchterlich', 'entsetzlich': keine Übertreibungen!

8.) Lieben Sie die Einfachheit und Geradlinigkeit. Die Heuchelei, die Umschweife, die berechneten Mehrdeutigkeiten, welche gewisse fromme Leute sich ohne Skrupel erlauben, bringen die Frömmigkeit in Verruf.

9.) Enthalten Sie sich mit Sorgfalt jedes groben, vulgären oder auch überflüssigen Wortes; denn unser Herr macht uns darauf aufmerksam, dass Er am Tage des Gerichtes darüber Rechenschaft fordern wird.

10.) Vor allem töten Sie Ihren Willen ab; das ist der entscheidende Punkt. Beugen Sie ihn beständig unter das, wovon Sie wissen, dass es Gott wohlgefällig ist und der Ordnung der Vorsehung entspricht, ohne dabei sei es Ihren Neigungen, sei es Ihren Abneigungen Rechnung zu tragen. Unterwerfen Sie sich sogar Ihren Untergebenen in den Dingen, die nicht die Ehre Gottes und die Pflichten Ihres Amtes betreffen.

11.) Betrachten Sie den geringsten Ungehorsam den Anordnungen oder sogar den Wünschen Ihrer Oberen gegenüber als gegen Gott gerichtet.

12.) Erinnern Sie sich daran, dass Sie die größte aller Abtötungen praktizieren, wenn Sie es lieben, gedemütigt zu werden, und dass Sie denen gegenüber den vollkommensten Gehorsam üben, denen gegenüber Gott will, dass Sie sich unterwerfen.

13.) Lieben Sie es, vergessen und für nichts erachtet zu werden: das ist das Wort des heiligen Johannes vom Kreuz, das ist der Ratschlag in der Nachfolge Christi: Sprechen Sie kaum von sich selbst, weder im Guten noch im Bösen, aber suchen Sie durch Schweigen sich selbst bei anderen vergessen zu machen.

14.) Angesichts einer Demütigung, eines Tadels sind Sie versucht, zu murren und sich zu betrüben. Sprechen Sie wie David: "Umso besser! Es ist gut für mich, dass ich gedemütigt werde."

15.) Nähren Sie überhaupt keine nichtigen Wünsche: "Ich wünsche wenig", sagte der heilige Franziskus, "und das Wenige, das ich wünsche, wünsche ich sehr wenig."

16.) Nehmen Sie mit der vollkommensten Ergebung die Abtötungen entgegen, die Ihnen die Vorsehung schickt; die Kreuze und die Verrichtungen, die an den Stand gebunden sind, auf den die Vorsehung Sie gestellt hat. "Dort, wo wir weniger Möglichkeiten zur Wahl haben", sagte der heilige Franz von Sales, "ist mehr göttliches Wohlgefallen." Wir möchten gerne unser Kreuz wählen, ein anderes als das unsere haben, und lieber ein schweres Kreuz tragen, das wenigstens etwas Glanz besitzt, als ein leichtes Kreuz, das uns durch seine Fortgesetztheit ermüdet: eine Illusion! Unser Kreuz ist es, das wir tragen müssen, und nicht ein anderes, und sein Verdienst liegt nicht in seiner Beschaffenheit, sondern in der (inneren) Vollkommenheit, mit der man es trägt.

17.) Lassen Sie sich nicht verwirren durch die Versuchungen, durch die Skrupel, durch die geistigen Trockenheiten. "Was man in der Trockenheit tut, ist vor Gott verdienstvoller als das, was man in der Tröstung tut", sagt der heilige Bischof von Genf, Franz von Sales.

18.) Wir dürfen uns nicht zu sehr betrüben über unser Elend, vielmehr müssen wir uns dadurch demütigen. Sich zu demütigen ist eine gute Sache, die nur wenige Menschen begreifen; sich zu beunruhigen und sich zu ärgern, ist etwas, das jedermann kennt und das schlecht ist, weil in dieser Art von Unruhe und Ärger die Eigenliebe immer den größten Platz einnimmt.

19.) Misstrauen wir ebenso der Furchtsamkeit, der Mutlosigkeit, die entnervt, und der Anmaßung, die nichts anderes ist, als der in die Tat umgesetzte Stolz. Arbeiten wir so, als ob alles von unseren Bemühungen abhinge, aber bleiben wir dabei demütig, so also ob unsere Arbeit unnütz wäre. - Desiré Kardinal Mercier, 1851 - 1926

Selbstdiziplin (2)   In der Sekte der Aghoris vollzieht der den Siva repräsentierende Mann den Beischlaf (maitbuna) mit einer Frau, die idealiter eine menstruierende Hure aus den niedersten Kreisen ist, wobei es wichtig ist, daß sein Same nicht ejakuliert.  »Wenn er den Donnerkeil in den Lotos eingeführt hat, soll er sein bodhi-Bewußtsein nicht gehen lassen«, heißt es im Jnanagiddhi, d.h., der Tantrist soll das Äußerste an Selbstdisziplin aufbringen, damit sein Same sich nicht in die Vagina der sakti oder mudra ergießt.  Javanische sivaitische Asketen dürfen sogar mehrere Konkubinen haben, solange sie das, was sie mit ihnen tun, lust- und leidenschaftslos vollziehen.  - Nach: Hans Peter Duerr, Sedna oder Die Liebe zum Leben. Frankfurt am Main 1984
 
 

Askese Selbst Disziplin

 

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