eelenfresser
Der vernichtete Personoid wird zum angeeigneten,
ununterscheidbaren Bestandteil des "Aggressors". Es ist uns gelungen,
sagt Dobb, nicht nur das psychische Leben, sondern auch seine Bedrohung
und Vernichtung herauszumodellieren. Es ist uns also gelungen, auch den Tod
herauszumodellieren. Unter normalen Versuchsbedingungen vermeiden die Personoiden
jedoch derartige "Aggressionen". "Seelenfressern" (ein Terminus
von Gastier) begegnet man unter ihnen kaum. Spüren sie die Anfänge der
Osmose, zu denen es infolge rein zufälliger Annäherungen
und Fluktuationen kommen kann, spüren sie die Bedrohung selbstverständlich auf
sinnenlose Art - gewiß so, wie jemand die "Anwesenheit
eines anderen", ja sogar "fremde Stimmen"
im eigenen Geist spürt -, so wenden die Personoiden aktive Ausweichbewegungen
an, ziehen sich zurück und gehen auseinander. Durch diese Erscheinung haben
die Personoiden indessen den Begriff von Gut und Böse kennengelernt. Es ist
für sie evident, daß das Böse in der Vernichtung eines anderen und das Gute
in seiner Bewahrung besteht. Zugleich kann das Böse für den einen zum Guten
(d. h. zum Nutzen im außerethischen Sinn) für einen andern werden, der zum "Seelenfresser"
wird. Eine solche Expansion, eine Aneignung fremden "geistigen Territoriums"
vergrößert nämlich im Endergebnis das gegebene "mentale Areal". Das
entspricht unseren Praktiken - da wir ja zu den Tieren gehören, müssen wir töten
und uns von Getötetem ernähren. Die Personoiden dagegen müssen nicht so vorgehen,
sie können es lediglich. Sie kennen weder Hunger noch Durst, da die ständig
zufließende Energie sie ernährt, um deren Quelle sie sich nicht zu sorgen brauchen,
so wie wir uns nicht besonders darum bemühen müssen, daß die Sonne uns scheint.
In der Welt der Personoiden können weder Termini noch Prinzipien einer energetisch
verstandenen Thermodynamik entstehen, weil ihre Welt mathematischen und nicht
thermodynamischen Gesetzen unterliegt. - Stanislaw Lem, Non serviam, nach: Einsicht
ins Ich. Fantasien und Reflexionen über Selbst und Seele. Hg. Douglas
R. Hofstadter und Daniel C. Dennett. München 1992
Seelenfresser (2) Der
Heide tötete, wenn es nötig war, seinen Feind und verspeiste
ihn. Der Christ bekehrt seinen Feind. Das heißt, er
ißt dessen Seele. - Martin Walser, Ich vertraue
querfeldein. Aus: (
enc
)
Seelenfresser (3)