Auch das folgende wird dir das Wesen der Seele erläutern, Wie
so fein ihr Gewebe und wie sie mit winzigem Raume Auskommt,
falls ein Zusammenschluß sich nur irgend ermöglicht. Nämlich
sobald nur den Menschen die friedliche Ruhe des Todes Überwältigt,
sobald mit dem Geiste die Seele
geschieden, Siehst du doch keinen Verlust an der ganzen Gestaltung
des Körpers Weder nach Form noch Gewicht. Der Tod zeigt alles
wie vordem, Nur fehlt jetzt ihm das Lebensgefühl und die feurige
Wärme. Also muß doch die Seele in Adern, Geweiden und Sehnen
Nur durch die kleinsten Atome sich ganz mit dem Leibe verknüpfen.
Denn selbst wenn sie vom Körper nun ganz und gar sich getrennt
hat, Bleibt ihm doch völlig erhalten der äußere Umriß der Glieder,
Und an dem alten Gewicht fehlt auch
kein einziges Quentchen. Ähnlich verflüchtigt sich auch die
Blume des Weines, und wenn sich Lieblicher
Duft in die Lüfte dem Salbölfläschchen entwindet, Oder wenn
irgendein Saft aus unserem Körper entweichet, Ohne daß dieser
nun selbst deswegen für unsere Augen Kleiner erschien' und ohne
daß irgendwas fehlt' am Gewichte. Wunderbar ist dies nicht.
Denn viele winzige Keime Bilden den Saft und Geruch in dem ganzen
Körper der Dinge. Darum präge dir ein (ich verkünd' es dir wieder
und wieder), Daß die Natur wie den Geist so die Seele aus winzigen
Keimen Schuf, weil, wenn sie entweichen, sich nichts im Gewichte
verändert.
Aber man darf sich nun doch dies Wesen zu einfach nicht denken. Denn
aus des Sterbenden Munde entweicht ein dunstiger Windhauch Allerfeinster
Natur, und der Dunst zieht wieder die Luft mit. Wärme zudem ist
immer vermischt mit jeglicher Luftart: Denn da der Wärme Gefüge
stets locker ist, müssen darinnen Grundelemente der Luft in erheblicher
Zahl sich bewegen. So hat sich dreifach bereits das Wesen des
Geistes enthüllet; Doch dies alles genügt nicht, um Sinnesempfindung
zu wecken. Traut sich doch keins von den dreien die Fähigkeit
zu, auf die Sinne Einzuwirken, geschweige Verstandesgedanken
zu wecken!
Ihnen müssen wir also ein viertes Wesen gesellen; Doch ward
dieses bisher noch mit keinerlei Namen bezeichnet. Ihm vergleicht
sich wohl nichts an Beweglichkeit oder an Feinheit, Denn nichts
reicht an die Glätte und Kleinheit seiner Atome. Dieses erzeugt
in den Gliedern zuerst die Erregung der Sinne, Da es zuerst
wird gereizt infolge der Kleinheit der Keime; Dann empfängt
auch die Wärme den Stoß, und das Wirken des Windes, Den man nicht
sieht, dann die Luft, bis alles gerät in Bewegung: Blut wallt
auf, dann dringt das Gefühl auch in alle die innern Teile, dann
teilt es zuletzt auch den Knochen sich mit und dem Marke, Sei
es die Lust, sei's Glut der entgegengesetzten Empfindung. Übrigens
dringt kein Schmerz, kein heftiges Übel so leichthin Tief bis
ins Mark. Sonst würde am Ende ja alles in Aufruhr Kommen, so
daß kein Raum für das Leben mehr bliebe und alle Stücke der
Seele entwichen durch sämtliche Poren des Körpers. Sondern zumeist
hört schon an der Oberfläche des Leibes Alle Bewegung auf. So
können das Leben wir retten.
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