ee, Die   Die See kennt keine Großmut - diese Wahrheit kann nicht geleugnet werden. Ihr skrupelloses Machtbewußtsein hat noch keine der vielen guten männlichen Eigenschaften, wie Mut, Kühnheit, Ausdauer und Treue, zu rühren vermocht. Der Ozean gleicht einem gewissenlosen, grausamen Despoten, den ständige Schmeichelei verdorben hat. Er kann nicht den geringsten Widerstand vertragen und ist der unversöhnliche Feind aller Schiffe und Männer geblieben seit dem Tage, da sie die unerhörte Kühnheit hatten, sich trotz seiner mißbilligenden Blicke gemeinsam hinaus aufs Meer zu wagen. Von diesem Tage an hat er Flotten und Menschen verschlungen, ohne daß die vielen Opfer - die zahllosen zerstörten Schiffe und vernichteten Menschenleben - seinen Grimm gestillt hätten. Er ist heute wie je bereit, die Menschen mit ihrem unverbesserlichen Optimismus zu verführen und zu verraten, sie zu zerschmettern und zu ertränken, wenn sie im Vertrauen auf ihre Schiffe versuchen, ihm ihr häusliches Glück, die Herrschaft über ihre Welt oder nur ihr karges tägliches Brot abzuringen, um ihren Hunger zu stillen. Und wenn er auch nicht immer voller Zerstörungslust ist, so wartet er doch stets auf die Gelegenheit, heimtückisch alles in die Tiefe zu reißen. Das erstaunlichste Wunder der Tiefe ist ihre unergründliche Grausamkeit. - (con)

See (2)   Die See ist nicht nur der Feind des ihr wesensfremden Menschen; sie ist auch ihren eigenen Kindern feind. Verruchter noch als der persische Gastgeber, der seine Gäste erschlug, verschont sie nicht einmal die Geschöpfe, die sie selber in die Welt gesetzt. Wie ein reißendes Tigertier, das sich im Dschungel auf seine eigenen Jungen wälzt, so schleudert die See ihre Walfische gegen die Klippen und läßt sie dort neben den Trümmern der Wracks verenden. Sie kennt kein Erbarmen, ist keiner andern Macht Untertan. Schnaubend und schäumend wie ein scheuendes Schlachtroß, das seinen Reiter verloren hat, rast das eigenmächtige Meer über den Erdball hin.

Man bedenke das Heimtückische der See; wie die gefährlichsten ihrer Geschöpfe unter Wasser dahinziehen und größtenteils unsichtbar bleiben, arglistig unter den zartesten Abschattungen von Blau verborgen. Man bedenke auch die teuflische Pracht und Schönheit, die oft gerade die grausamsten ihrer Tiervölker auszeichnet, beispielsweise die zierliche Gestalt mancher Haifischarten. Nicht zu vergessen den Kampf aller gegen alle, der in der See seit Urbeginn tobt und in alle Ewigkeit weitertoben wird.  - (mob)


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Meer