Der narzißtische japanische Schriftsteller Yukio Mishima beschreibt in seinem autobiographischen Roman Geständnis einer Maske (1949) einen jungen Mann, dessen Betrachtung des Porträts des hl. Sebastian von Guido Reni zu seiner ersten Ejakulation führt. Es ist nicht die religiöse Bedeutung, die seine Vorstellung erhitzt, sondern die Erotik eines gottähnlichen männlichen Kriegers im Schmerz:
Seine weiße, makellose Nacktheit leuchtet vor dem dämmerigen Hintergrund... Die Pfeile haben sich in das gespannte und atmende junge Fleisch gebohrt und verzehren den Leib von innen her mit den Qualen der äußersten Agonie und Ekstase. Doch man sieht weder Blut noch einen Schwarm von Pfeilen wie auf den meisten anderen Darstellungen des heiligen Sebastian. Vielmehr werfen nur zwei einzelne Pfeile ihre ruhigen und feinen Schatten auf die glatte Haut, so wie die Schatten eines Zeigers auf Marmorstufen fallen.
- David B. Morris, Geschichte des Schmerzes. Frankfurt am Main 1996)
Sebastian, heiliger (2) Als Diokletian die Herrschaft übernahm, hatte er es zum Hauptmann gebracht. Obgleich Diokletian ein hervorragender Vcr-waltungsreformer war, konnte er an der Praxis der Christenverfolgung nichts Reformwürdiges erkennen. Als entdeckt wurde, daß Sebastian christliche Gefangene tröstete und römische Soldaten zum Christentum bekehrte, befahl Diokletian, ihn mit Pfeilen zu töten. Die mittelalterliche Enzyklopädie der Heiligenvitae Legenda aurea erzählt, daß eine Abordnung von Bogenschützen so lange auf ihn schoß, bis er »stund gleich einem Igel«.
Die Geschichte vom heiligen Sebastian ist mit dem pfeilgespickten Körper
nicht zu Ende. Zu den Ereignissen, die in der Legenda aurea beschrieben
werden, gehört Sebastians wunderbare Heilung, dank der Pflege einer christlichen
Witwe. Genesen präsentiert er sich dem überraschten Kaiser Diokletian, der -
wie es sich für ein Verwaltungsgenie gehört - erneut die Todesstrafe anordnet.
Von seiner zweiten Hinrichtung erholt sich Sebastian nicht. Er wird zu Tode
geprügelt, sein Leichnam in eine Kloake geworfen. - David B. Morris, Geschichte des Schmerzes. Frankfurt am Main 1996)
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