éance   Wieder gemeine Ausfälligkeiten der Geißel. Es ging so weit, daß ich ihr eine kleine Lektion erteilen mußte. Heute abend séance. Aber auf eine Art und Weise - sie sah aus wie eine Spülmagd, war nicht zurechtgemacht, hatte alle Kleider anbehalten und eine Zeitung (eine Zeitung!) unter sich gelegt, damit ihre Bettücher nicht fleckig würden -, daß ich hinterher nur wieder angeekelt war. Am Ende werde ich gar keinen Spaß mehr daran haben. - (leau)

Séance (2)

- Chiara Fersini

Séance (3)

- N. N.

Séance (4)  Mein Vater setzte die Brille auf, trat ein paar Schritte näher, umkreiste die Mädchen und beleuchtete sie mit der emporgehobenen Lampe. Der Durchzug aus der offenen Tür hob die Gardinen vom Fenster, die beiden Fräuleins ließen sich betrachten, sie drehten sich in den Hüften, blitzten mit dem Email ihrer Augen, mit dem Lack der quietschenden Schühchen, mit den Strumpfhalterspangen unter dem vom Wind gebauschten Kleid; die Stoffläppchen flohen wie Ratten über den Fußboden durch die angelehnte Tür des dunklen Zimmers, mein Vater betrachtete die auflachenden Persönchen aufmerksam und flüsterte halblaut: »Genus avium ... wenn mich nicht alles täuscht, scansores oder pistacci ... höchst bemerkenswert.«

Diese zufällige Begegnung war der Beginn einer ganzen Serie von Séancen, bei denen es meinem Vater rasch gelang, die Fräuleins kraft seiner überaus wundersamen Persönlichkeit in den Bann zu ziehen. Für die galante und witzige Konversation, mit der er ihnen die abendliche Leere füllte, revanchierten sich die Mädchen, indem sie dem entflammten Forscher erlaubten, die Struktur ihrer schlanken und armseligen Körperchen zu studieren. Dies geschah im Laufe der Konversation, mit dem Ernst und der Noblesse, die noch den riskantesten Punkten der Untersuchungen ihren zweideutigen Anschein nahm. Indem er Paulina den Strumpf vom Knie streifte und mit verzücktem Blick die kompakte und edle Konstruktion des Gelenks studierte, sprach mein Vater: »Wie reizvoll und wie glücklich ist die Form des Daseins, die Sie erwählten. Wie schön und einfach ist die These, deren Verkündung Ihnen durch Ihr Leben gegeben ist. Doch mit welcher Meisterschaft, mit welcher Finesse Sie sich dafür dieser Aufgabe entziehen. Sollte ich allen Respekt vor dem Schöpfer ablegen und mir mit Kritik an der Schöpfung die Zeit vertreiben, so riefe ich: Weniger Inhalt, mehr Form! Ach, wie erleichtert wäre die Welt, wenn sie des Inhalts verlustig ginge. Mehr Bescheidenheit in den Absichten, mehr Zurückhaltung in den Ansprüchen, Ihr Herren Demiurgen, und die Welt wäre vollkommener!«, rief mein Vater, während seine Hand die weiße Wade Paulinas aus den Fesseln des Strumpfes löste.  - Bruno Schulz, Die Schneiderpuppen

Séance (5)  Die Séance begann sich wie eine Blume zu öffnen. Alle Welt umgab die schöne Frau Rana, die dank ihrer einzigartigen Anmut bei den Offenbarungen des Okkulten als Loch der Erleichterung diente.

Obwohl die Casa Rana ganz ohne Stühle war, saßen alle Teilnehmer dieser denkwürdigen Seance friedlich um den Tisch, mit schlaff auf die Decke gelegten Händen, geraden Rücken und im Leeren hängenden Hintern.

Robert Danesi ergriff das Wort. Da er nach seinem berüchtigten Selbstmordversuch mit Strychnin untersichtig geworden war, hatte er sich daran gewöhnt, seinem Auditorium, wenn er sprach, den Rücken zuzukehren. Er sagte:

»Im November 1918 entschieden wir uns die Schweiz zu verlassen, um nach Europa zurückzukehren. Wir schifften uns, Frau Danesi, mein Sohn Themistokles und ich, auf einem Bateau-Iavoir ein. Der Krieg war beendet, ich hatte Eile, meinen Arm in den Dienst des Vaterlandes zu stellen. Aber das ist Nebensache. Auf der Höhe der Rue Jacob Nr. 24 in Paris wurde unser Schiff durch die Unachtsamkeit einiger Dynamitfischer torpediert, die in diesen Gewässern operierten. Meinen Sohn Themistokles im Arm haltend, gelang es mir, mich an dem Geldschrank des Schiffes festzuklammern, der vollständig ausgeleert auf dem Ozean wie eine Purgier-Gurke schwamm. Er brachte uns gesund und munter vor die Absteige des Viertels. Seit dieser tragischen Nacht erhielt ich von meiner Frau keine Nachricht mehr, bis gestern, den elften September, an dem ein Akkordeonspieler aus Tel-Aviv die Freundlichkeit besaß, mir per Funk mitzuteilen, daß Frau Danesi nicht toter sei als Sie und ich, und daß sie gegenwärtig in einer großen Gefrierfleischfabrik in London zur Krankenbehandlung hospitalisiert sei, wo die größten ortsansässigen Spezialisten mit der Entfernung ihrer Tätowierungen begonnen hätten.«

»Meine Herren«, fuhr der tragische Bewerber mit einer Stimme fort, die nun gewichtiger wurde, »hier ist der Grund, der uns an diesem Abend vereint. Ich wünsche durch den Mund dieser Schlampe, Frau Giulia Rana, der anmutigen Kommissarin des Jenseits, und in Gegenwart dieses Unflates, Mister Pard, Konsul von England, zu erfahren, ob mein lieber Themistokles, Fleisch und Blut des drei-undzwanzigsten Liebhabers meiner angebeteten Frau, noch den süßen Namen Mutter aussprechen kann.«

Nach dieser Erklärung von Robert Danesi legte Frau Rana, die sich vollständig gesammelt hatte, ihren Nabel frei und erklärte mit salbungsvoller Stimme:

»Geist! Ist es wahr, daß Frau Danesi gegenwärtig in einer großen Londoner Gefrierfleischfabrik im Krankenbett liegt, wo man auf dem Wege ist, ihre Tätowierungen zu beseitigen? Antworte ohne zu zögern, ich befehle es dir!«

Einige Sekunden nachdem das ekstatische Schweigen das Echo der Auf forderung an den Nabel verschluckt hatte, schüttelten schreckliche Krämpfe den Nabel Frau Ranas, und eine Stimme, die nicht mehr die ihre war, schrie: »Ausschweifend sein, Kind erdrosseln. Später wiederkommen. - Alberto Savinio, nach (hum)

Séance (6)  Die Damen Kipp waren Anhängerinnen der Rohkost, der Theosophie/ der Christian Science, des Spiritismus und der Amateurfotografie. Wir plauderten kurze Zeit über diese mannigfaltigen Dinge, dann fragte Poirot:

«Die verstorbene Miss Arundell war eine Ihrer Anhängerinnen?»

Die Schwestern sahen einander an. «Ich bin nicht sicher», sagte lsabel.

«Wir konnten uns nie klarwerden», hauchte Julia. «Einmal schien sie überzeugt zu sein, und dann sagte sie wieder etwas so— so Geringschätziges.»

«Ja, aber denk' an die letzte Manifestation!» bemerkte Julia. «Die war wirklich hervorragend.» Sie wandte sich an Poirot. «Das war an dem Abend, da Miss Arundell erkrankte. Meine Schwester und ich waren bei ihr zum Dinner eingeladen, und wir hielten eine Seance, nur mit ihr und Miss Lawson. Und wissen Sie, wir drei — alle drei — sahen ganz deutlich eine Art Heiligenschein um Miss Arundells Kopf.»

«Wie, bitte?»

«Ja, einen leuchtenden Nebel.»

«So war es», stimmte lsabel bei. «Ein leuchtender Nebel umzog Miss Arundells Kopf, eine schwach leuchtende Aura. Es war ein Zeichen, jetzt wissen wir es, ein Zeichen, daß sie ins Jenseits eingehen würde.»

«Erstaunlich», sagte Poirot in gebührend beeindrucktem Ton. «War es finster im Zimmer?»

«O gewiß. Wir erzielen im Dunkeln immer die besseren Erfolge, und da es ein warmer Abend war, brannte auch kein Feuer.»

«Ein ungemein interessanter Geist sprach zu uns», erklärte lsabel. «Eine gewisse Fatimah, die uns erzählte, daß sie zur Zeit der Kreuzzüge hinübergegangen sei. Sie brachte uns eine wundervolle Botschaft.»

«Sie sprach tatsächlich zu Ihnen?»

«Nun. nicht mit Worten. Durch Klopfzeichen. Liebe — Hoffnung — Leben — lauter so schöne Worte.»

«Und Miss Arundell erkrankte während der Séance?»

«Gleich nachher. Belegte Brötchen und Portwein wurden gebracht, aber die Hebe Miss Arundell wollte nichts essen, weil sie sich nicht wohl fühlte. Damit begann ihre Krankheit. Dem Himmel sei Dank, daß sie nicht lange leiden mußte!»

«Vier Tage später verschied sie», ergänzte lsabel.   - Agatha Christie, Der ballspielende Hund. Bern und München  1980

Begegnung Spiritismus
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