H.C. Artmann, Vorwort zu Detective Magazine der 13, Hg.
H.C. Artmann Esq. Residenz Verlag Salzburg 1971
Schweizer (2) In der Schweiz sind Männer
und Frauen bunt durcheinander in den Bädern und Badstuben, ohne irgend etwas
Unanständiges zu begehen, es macht ihnen keine Beschwer, weil sie ein Tuch davor
binden. Wenn es etwas locker sitzt, dann kann man immer noch sehen, was einem
gefällt oder mißfällt. - (
brant
)
Schweizer (3) Papst Innozenz
VIII. stachelte die rauflustigen Schweizer an, Raubzüge in die reiche
Lombardei zu unternehmen. Diese erblickten, wie der Chronist schrieb, »eine
große Ehre darin, daß das von den Waffen gottloser Fürsten bedrängte Oberhaupt
der Christenheit zu seiner Rettung ihre Macht und ihren Mut dem aller anderen
Nationen vorzog. Und da sie nun einen gerechten Vorwand zum Plündern hatten,
griffen sie unverzüglich zu den Waffen und drangen, Unheil und Verderben bringend,
ins Mailändische ein. Mit Feuer und Schwert verwüsteten sie das Land und töteten
seine Bewohner. Da niemand ihnen Einhalt gebieten konnte, zogen sie im Lande
umher, wie es ihnen beliebte. Bald brannten reiche Ortschaften; Obstbäume und
Rebstöcke wurden von barbarischen Händen umgehauen; auf allen Seiten sah man
nichts als wildes Fliehen, Blutvergießen und Brennen.« Da aber brach eine pestartige
Seuche aus und ließ die apostolisch ermächtigten Horden umkehren. Schwer beladen
mit den Kostbarkeiten der Zivilisation kehrten sie in ihre Almdörfer zurück.
- Albert Christian Sellner,
Immerwährender Päpstekalender. Frankfurt am Main 2006 (Die Andere Bibliothek
260)
Schweizer (4) Der Engländer isset Roastbeef, Plumpudding, trinket Oporto, Claret. Die Binner essen ihren Bratchäs, den sie am Feuer erhitzen, Bindenfleisch, und trinken ihren gewürzten Branntwein!
Die Wände waren mit Crucifixen und voll
mit grauslich geschnitzten Gesichtshüllen. Die ungewohnten Töne der
Binner Mundart faszinierten mich und ich dachte, kein Wunder, dass hier
so eine Vielfalt an Spuk lebt. Schliesslich wurden wir von einer
Bäuerin am Spinnrad mit der Pfeife im Munde darauf eindringlich
hingewiesen, dass es beim Lengenbach Stollen ab und zu zu schauerlichen Seelentänzen und Geistertreffen komme.
-
Johann
Heinrich Füssli
an William Blake, 16. Juli 1793
Schweizer (5) Portier und Schweizer sind in Frankreich Synonyme. Die Schweizer genießen das Privileg, die Tore der Verwaltung der königlichen Gärten und der Kirchen zu hüten. Außerdem ist ihnen das Amt des Türstehers auch bei Hofe und in den Palästen des Adels vorbehalten. Und auf ihr würdiges Wahrzeichen, den Wächterspieß, sind sie dermaßen stolz, daß sie sich eher in Stücke hauen ließen, als es zu dulden, daß er Leuten in die Hände fiele, die nicht aus den dreizehn Kantonen oder wenigstens aus deren unmittelbarer Nachbarschaft stammen. Wie sagte doch Voltaire?
»Weißhaarig ist der dicke Schweizer, der stur die Leut belügt an Eurer Tür...«
In ihrer Eigenschaft als Pförtner nehmen die Schweizer an sämtliehen öffentlichen Veranstaltungen teil, an den Sitzungen der Akademie, an Konzerten, an der Eröffnung von Gemäldegalerien, an Festpredigten, kurz, an Feierlichkeiten jeder Art, doch weder Musik noch Verse, weder Reden noch Bilder vermögen sie zu rühren.
Ihre stumpfen Gesichter scheinen sich nur bei Bällen etwas zu beleben, aber
auch da lediglich, wenn das Büfett besonders reichhaltig und lecker ist. Sie
benehmen sich, als stünde auf ihrer Stirn geschrieben: >Uns liegt nur am
Saufen!« - Louis Sébastien Mercier, Mein Bild von Paris.
Frankfurt am Main 1979 (zuerst ca. 1780)
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