chweinestall   Hinter dem Schweinestall! Es schien ihm seltsam, daß er ein ganzes Jahr hier gelebt und nie diese vertraute Scheune von hinten gesehen hatte. Es war merkwürdig, wie er stets der Realität auswich und dann plötzlich hineintauchte — hineintauchte in ihre innersten Tiefen. Hinter dem Schweinestall! Erst wenn er verzweifelte, geschah es, daß er in die Natur menschlicher Wesen eintauchte — daß er hinter sie kam!

Ach, wie boshaft, wie kalt konnte er in die Menschen tauchen, die er kannte, und ihre innersten Seelen sehen .. . von hinten, von hinten! Gift und Stachel. .. flüchtiges Wirrsal und der Griff der Sexualität; ja, ein krampfhaft zuckender, bebender Ego-Nerv, der seine eigenen Zwecke verfolgte, das war's, was hinter jedem stand!

Hinter dem Schweinestall! Wie oft hatte er jede einzelne Person seines Lebens in gemeinem Verrat sich verbildlicht! Wie oft hatte er sie in unglaublichen Stellungen, in grotesker Unanständigkeit ertappt! Oh, sein eigenes Gemüt war krank . . . nicht die Natur. Nun, krank oder nicht, es war alles, was er besaß. Von nun an würde er als den Talisman seiner Tage den Satz wählen: „Harre aus oder flieh!" Wo hatte er diese Phrase aufgelesen? Hinter einem Arbeitshaus? Hinter einem Tollhaus?  - John Cowper Powys, Wolf Solent. Wien u. Hamburg 1986 (zuerst 1929)

Schweinestall (2)   Eine Ente quakte aus dem Trog eines verlassenen Schweinestalls. Jetzt aber standen ein junger Mann und ein lockiger Junge und starrten und schnüffelten über eine Mauer auf eine Sau, deren Zitzen im Schlamm schleiften, während sie säugte.

»Wie viele Ferkel gibts hier?«

»Fünf. Das Mistvieh hat eins gefressen«, sagte Gwilym.

Wir zählten sie, während sie um ihre Mutter rutschten und sich ringelten, auf den Rücken und Bäuchen rollten, sich drängten und kniffen und drückten und quietschten. Es waren vier. Wir zählten noch einmal. Vier Ferkel, vier nackte rosa Schwänze, die sich emporringelten, während ihre Mäuler unten schlotzten und die Sau grunzte vor Schmerz und Freude.

»Sie muß wohl noch eins gefressen haben«, sagte ich und hob einen Kratzstock auf und piekte die grunzende Sau damit und rubbelte ihre verkrusteten Borsten gegen den Strich. »Oder ein Fuchs ist über die Mauer gesprungen«, sagte ich.

»Es war nicht die Sau oder der Fuchs«, sagte Gwilym. »Es war Vater.«

Ich konnte mir den Onkel vorstellen, wie er das sich windende Schwein in seinen zwei behaarten Händen hielt und seine Zähne in den Schenkel schlug und die Trotte-beinchen zerknackte. Ich konnte ihn sehen, wie er sich über die Mauer des Pferches lehnte, während ihm die Schweinshaxen aus dem Mund staken. »Hat Onkel Jim das Ferkel aufgegessen?«

Jetzt, genau in diesem Augenblick, stand er hinter den verfallenen Schuppen knietief in Federn und kaute dem lebenden Geflügel die Köpfe ab.

»Er hats verkauft, um auf Sauftour gehen zu können«, flüsterte Gwilym im tiefsten Ton des Tadels, die Augen zum Himmel gerichtet. »Letztes Weihnachten nahm er ein Schaf auf der Schulter mit und war zehn Tage lang pißbesoffen.«   - Dylan Thomas, Porträt des Künstlers als junger Hund. München 1994
 

 

Schwein Stall

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme