Sabinchen war ein Frauenzimmer Da kam aus Treuenbrietzen in Branntwein und in Bier. Da kam er zu Sabinchen geloffen und wollte welches von ihr. Sie konnte ihm keines geben, da kam der Diebstahl raus. Da warf man das Sabinchen mit Schande aus dem Haus. Sie klagt's ihm mit Gewissensbissen, Du rabenschwarzer Hund! Da nimmt er gleich sein Rasiermesser und schneidet ihr ab den Schlund. Das Blut himmelaufwärts spritzte, bei Wasser und bei Brot, da hat er endlich eingestanden die schaurige Moritot. Am Galgen ward der Treuenbrietzener Trau' keinem Schuster nicht! Denn der Krug geht so lange zu Wasser, bis ihm der Henkel abbricht. |
Schuster (2) Er war Schuhmacher von Beruf. Ich sollte nicht »Schuster« sagen, das gehöre sich nicht. Das wäre genauso, als wenn er zu meinem Vater Dampfschiffskapitän statt Reeder sagte. Er lobte meine Schuhe. Baujahr 1934, Antilopenleder. »Was hast du für kleine Füße«, sagte er und betastete sie wie Schollen.
Seine Scheiße roch nach Pfefferkuchen. Solche
Blöcke hatte ich noch nie gesehen. Ich konnte es zuerst nicht glauben. Als balle
sich alles zu Fäusten in ihm. Schnell zog er die Hose
hoch. So wie andere Leute sich unter den Tisch bücken, wenn sie ausschnauben.
- Walter Kempowski, Im Block. Frankfurt am Main 1972 (zuerst 1969)
Schuster (3) SAJETAN Soll denn
dieser vermaledeite Mangel an Ideen bis ans Ende der Zeiten dauern? Schrecklich
die Leere, und gräßlich der sich vor uns türmende unübersehbare Berg ungetaner
Arbeit, einer Arbeit, in der nicht einmal ein Fünkchen begrifflicher Illusion
mehr zu finden ist? Wißt ihr, was ich euch jetzt sagen werde? — es ist das Allergräßlichste:
Es war viel schöner, ein stinkender Schuster zu sein und miese Ideen zu haben
und in all dem fürchterlichen Gestank still und süß von den Erfüllungen zu träumen,
als jetzt in Samt und Seide sich auf dem Gipfel einer Lakaienmacht zu suhlen
- denn lakaienhaft ist sie, Hurenarsch und Zitzenfett! Trampelt mit den Füßen
und spricht beinahe weinend weiter. Die Ärmel aufkrempeln bis zum Hals und
dann rein schöpferisch und gesellschaftlich drauflos geschuftet? Das ist zum
Sterben langweilig! Und das Leben? Genießen kann ich's ohnehin nicht mehr, meine
früheren verstunkenen Jahre lassen sich nun einmal nicht ungeschehen machen.
Ihr habt noch die ganze Welt vor euch liegen! Ihr seid imstande, nach der Arbeit
auch euer Leben zu genießen - und ich? Soll ich mich etwa besaufen oder mit
Kokain vollschütten, Himmelarschziegenzitzendickdarmfurunkel, in Stutensaft
getauchtes? Nicht mal die Flüche schmecken mir mehr. Ich hasse niemanden - außer
mir selbst - oh, Graus, oh, Graus: in welch öde, verlassene Seelensümpfe hat
mich mein gemeiner Ehrgeiz verschleppt, jemand sein zu wollen auf diesem heiligen,
kugelrunden, unbegreiflichen Erdenbällchen!
-
Stanislaw I. Witkiewicz, Die Schuster. Lehrstück mit Liedchen in 3 Akten. In:
S.I.W., Verrückte Lokomotive. Ein Lesebuch, mit Bildern des
Autors. Hg. Andrzej Wirth. Frankfurt am Main 1994 (zuerst 1934)
Schuster (4) Der
Name Lepracaun leitet
sich her vom Irischen lith brog — das heißt Einschuhmacher, wohl
weil man ihn gewöhnlich an einem Schuh arbeiten sieht. Aus dem 15. Jahrhundert
stammt ein Manuskript mit der Geschichte von Iubdan, König der Lepracaun,
ein edler und angesehener Fürst, dessen stärkster Untertan sich dadurch
auszeichnete, daß er eine Distel mit einem Hieb umhauen konnte. Alle Lepracauns
sind häßlich. Sie sind meist nicht größer als ein Kind von zehn, elf Jahren,
häufig sogar noch viel kleiner. Ihre Körper sind breit und gedrungen. Ihre
Gesichter sehen aus wie verschrumpelte Äpfel. Lepracauns foppen und narren
gern. In ihren Taten sind sie auf das spezialisiert, was man im Englischen
einen »practical joke« nennt. Sie betreiben das Handwerk eines Schuhmachers
oder Sattlers, kennen aber zudem den Ort, an dem ein versteckter Goldschatz
liegt. Wenn ein Sterblicher einen Lepracaun fängt, kann er ihn zwingen,
das Versteck des Schatzes zu verraten, aber er darf den kleinen Kerl nicht
aus den Augen lassen, sonst ist er im Nu verschwunden. Immer versucht der
Lepracaun, den Menschen, der ihn fängt, für einen Augenblick abzulenken,
um dann zu entwischen. Er ruft: »Sieh mal, da geht ein Bienenschwarm durch!«
oder »die Kühe sind ins Haferfeld gelaufen!« Wer darauf hereinfällt, ist
selber schuld. -
(anders)
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