Schulstreß  Nach einer Viertelstunde begann selbst Galkiewicz zu stöhnen, daß es genug sei, daß er schon erkenne, daß er begriffen habe, einverstanden sei, zurücknehme, um Verzeihung bitte und könne.

»Na, sehen Sie, Galkiewicz?! Nichts Besseres als die Schule, wenn es darum geht, die Verehrung für große Genies einzuprägen.« Unter den Zuhörern des Lehrers machten sich jedoch sonderbare Anzeichen bemerkbar: die Unterschiede schwanden dahin, alle, ob nun unter der Ägide von Siphon oder von Mjentus, alle wanden sich gleicherweise unter der Last des Dichters, Bläßlings, des Kindes und des Stumpfsinns. Die kahlen Wände und die nackten, schwarzen Bänke mit den Tintenfässern gaben nicht ein bißchen Zerstreuung; durch das Fenster war ein Stück Mauer zu sehen mit einem hervorstehenden Ziegelstein, auf dem eingeritzt stand: »Geflogen.« So blieb denn nichts anderes zur Auswahl als nur entweder der Lehrkörper oder der eigene. Die also, die sich nicht mit dem aufmerksamen Zählen von Bläßlings Haaren auf dessen Schädel  und   mit  der  Untersuchung   seiner  verwickelten Schuhbänder befaßten, bemühten sich, ihre eigenen Haare zusammenzuzählen und sich den Hals zu verrenken. Myzdral drehte sich hin und her, Hopek klapperte automatisch, Mjentus fläzte sich in schmerzlicher Entkräftung, einige versenkten sich in Träumereien, andere verfielen dem fatalen Laster, zu sich selber zu flüstern, manche rissen sich die Knöpfe ab, beschädigten ihre Anzüge, und überall wucherte der Dschungel wunderlicher Tätigkeit und dorrte die Wüste des Stumpfsinns. Einzig der perverse Siphon gedieh um so besser, je mehr das allgemeine Leiden um sich griff, besaß er doch einen speziellen inneren Mechanismus, mit dem er sich sogar an Armut zu bereichern vermochte. Und der Lehrer, seiner Frau und seines Kindes eingedenk, hörte nicht auf fortzufahren: »Towianski, Towianski, Towianski, Messianismus, Christus der Völker, Fanal, Opfer, Vierzig und Vier, Inspiration, Leiden, Sühne, Held und Symbol. . .« Die Worte drangen ins Ohr und quälten den Geist, und die Gesichter verzerrten sich immer gewaltsamer, brachen mit dem Begriff des Gesichts und, zerknüllt, ermüdet und wie gemangelt, waren sie bereit, jedes Gesicht anzunehmen. Aus diesen Gesichtern konnte man alles machen, was man sich nur erträumte. Oh, weiche Übung für die Einbildungskraft! Und die Wirklichkeit, ermüdet, zerknüllt, gemangelt, zerrissen, wandelte sich unmerklich und allmählich in die Welt des Ideals: o laß mich träumen, laß . . .

Bläßling: »Ein Künder war er, ein Künder! Er kündete! Meine Herren, ich beschwöre Sie, lassen Sie uns also noch einmal wiederholen: wir entzücken uns, denn er war ein großer Dichter, und wir verehren ihn, denn er war ein Künder! Dies ist ein unerläßliches Wort. Cimkiewicz, bitte, wiederholen Sie!«

Cimkiewicz wiederholte: »Es war ein Künder.«   - (fer)

 

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