Schützenfest   Herr von Blaise, der in einem fort meinen Helden anlächelte und die andern anfuhr mit der Grobheit der Herrschsucht, ließ die Lose ziehen, welche die Ahnenfolge der Schützen ordneten und entschieden. Die Leser können dem Zufalle nicht ansinnen, daß er das Glückrad halte und hineingreife und hinter seiner Binde unter siebzig Nummern gerade die erste für den Advokaten herausfühle und fange; indessen zog er doch die zwölfte für ihn. - Endlich gaben die tapfern Deutschen und Reichsstädter auf den römischen Adler Büchsenfeuer. Zuerst trachtete man ihm nach der Krone. Der Eifer und das Zielen der Kronwerber war der Wichtigkeit der Sache angemessen: waren nicht mit diesem goldnen Wetterdache, wenn die Kuge] es herabstieß, die Kroneinkünfte von 6 fl. frk. verbunden, wobei ich beträchtliche Kronengüter nicht einmal anschlage, die in drei Pfund Werg und in einem zinnernen Barbierbecken bestehen? - Die Menschen taten was sie konnten; aber das Schießgewehr setzte die Krone des Adlers leider nicht unserem Helden, sondern Nro. 11, seinem Vormann, dem hektischen Sachsen, auf. Der Mann braucht' es, da er wie der Prinz von Wallis die Kronschulden noch eher hatte als die Krone selber.

Nichts wendet bei einem solchen Vogelschießen alle Langweile mehr ab als die gute Einrichtung, daß dazwischen ein Schwenkschießen eingeschoben wird; ein Mann, der auf das langsame Viertelausschlagen von 69 Schüssen mit seinen eignen warten muß, hat Kurzweile genug, wenn er unterdessen seine Büchse für niedrigere Dinge laden kann, z. B. für einen Kapuzinergeneral. Das Schwenkschießen in Kuhschnappel ist nämlich von dem an andern Orten eingeführten nicht verschieden, sondern eine Leinwand rutschet hin und her, auf der die gemalten Eßwaren wie auf einem Tischtuch stehen, die man durchlöchern muß, um die Originale davon einzuernten, wie die Kronprinzen die Konterfeien ihrer Bräute und dadurch diese selber erheben, oder wie Hexen bloß das Abbild zerstechen, um das Urbild zu treffen. Die Kuhschnappler schossen diesesmal nach einem auf die Geh-Leinwand   gefärbten   Kniestück,   von   dem   recht   viele   behaupteten,   es repräsentiere einen Kapuzinergeneral. Es ist mir bekannt, daß einige sich mehr an den roten Hut, den das Stück aufhatte, hielten und es darum gar für einen Kardinal ausgaben oder für einen Kardinalprotektor; aber diese habens offenbar erst mit denen auszufechten, die beiden Sekten widersprechen und sagen, es stelle nur die babylonische Hure vor, nämlich eine europäische. Aus diesem mag man ungefähr schließen, was an einem andern Gerüchte sein mag, dem ich in der ersten Stunde widersprach, daß nämlich die Augsburger sich an dieses effigie-Arkebusieren gestoßen und daher wirklich dem Reichsfiskal schriftlich vorgestellet hätten, sie fänden sich beschwert und die eine Konfession litte darunter, sobald im heiligen römischen Reich nur ein Ordengeneral und nicht zugleich ein lutherischer Generalsuperintendent abgeschossen würde. Ich hätte gewiß mehr davon vernommen, wär's nicht bloßer Wind. Ja ich mutmaße sogar, daß dieses Märchen weiter nichts sei als eine falsche Tradition von einem andern Märchen, das mir neulich ein Wiener von Geburt über dem Essen vorlog: es hätten sich nämlich in den ansehnlichen Reichsstädten, worin die Nivellierwaage des Religionfriedens ein schönes Gleichgewicht der Papisten und Lutheristen festgestellt, viele lutherischerseits geregt und beschwert, daß, ob darin gleich Nachtwächter und Zensores, d. i. transzendente Nachtwächter, Wirte und Bücherverleiher in gleicher Zahl vorhanden waren, doch stets ein zahlreicheres papistisches Personale gehangen würde, so daß recht klar, es sei nun mit oder ohne Jesuiten, ein so wichtiger und hoher Posten im Staate, als der Galgen sei, gar nicht nach jener reichsgesetzlichen Parität wie das Reichs-Kammergericht, sondern mit einiger Parteilichkeit für Katholiken besetzet worden. - Ich wollte neulich im Dezember der Literaturzeitung öffentlich gegen die Sage aufstehen; aber das Reich wollte die Einrückgebühren nicht auf sich nehmen.

Ob man gleich aus dem Schießstand nur auf einen Kapuziner hielt: so war doch das Schwenkschießen in seiner Art so wichtig als das stehende. Ich muß sagen, es waren Eß-Prämien auf die verschiedenen Gliedmaßen des Ordengenerals gesetzt, die anlockend waren für Schützen, die dachten. Ein ganzes böheimisches Schwein wurde als Pürschgeld für das Herz des gedachten Kapuziner-Peischwas gegeben, welches man aber nur durch einen einzigen Ruß-Klecks, nicht größer als eine Schmink-Musche, angedeutet hatte, um den Schützen den Treffdank mit Fleiß recht sauer zu machen. Der Kardmalhut war leichter zu bekommen, daher war er nur mit zwei Flußhechten besetzt. Der Zierdank eines Okulisten, der den zwei Augäpfeln des Protektors neue aus Kugeln einsetzte, bestand in ebensoviel Gänsen. Da er mitten im Gebet gemalet war: so verlohnt' es wohl der Mühe, durch seine gefalteten zweischürigen zweimähtigen Hände eine Kugel zu treiben, weils nicht weniger war, als schoß man einem rennenden geräucherten Schweine die zwei Vorderschinken unter dem Leibe hinweg. Jeder Fuß aber war gar auf einen Hinterschinken fundiert. Ich mache mir nichts daraus, es auf Kosten des Reichsflecken öffentlich zu erklären, daß nichts am ganzen Protektor schlechter - mit einem schmälern Mahlschatz und Treffer — salariert war als der Nabel; denn es war nichts aus ihm mit der besten Kugel zu holen als eine Bologneser Wurst.

Der Advokat war um die Krone gekommen; aber das Glück warf ihm nachher dafür den Kardinalhut zu, worin zwei Flußhechte lagen. - Hingegen den Kopf des Adlers und den Kopf des Generals deckte eine echte passauische Kunst vor seinen Kugeln zu. Er hätte der babylonischen Hure wenigstens gern ein Auge ausgeschossen, um eine Gans zu fällen - es ging auch nicht.   - Jean Paul, Siebenkäs

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