chüssel   Der Vater sitzt in seinem Laden, diesem »Ort der Martern und Qualen«; auch wenn er zwischendurch als Fliege durch die Räume surrte, er kehrt in die Menschengestalt zurück, aber nur, um von neuem zum »Kontremarsch der Phantasie« anzusetzen. Bis seine Frau ein Wesen entdeckt, das einem Skorpion oder einem Krebs gleicht: »Mein Vater, flink und beweglich, solange er auf den Beinen stand, teilte mit allen Schalentieren die Eigenschaft, daß er, auf den Rücken gedreht, völlig hilflos wurde. Es war ein trauriger und peinlicher Anblick, wenn er mit dem ganzen Geläuf verzweifelt strampelte und sich ratlos auf dem Rücken um seine eigne Achse drehte... Wir kamen erst zu uns und wurden erst aus unserer Verblendung aufgerüttelt, als mein Vater auf einer Schüssel hereingetragen wurde. Er lag groß und aufgeschwollen infolge des Kochens, blaßgrau und gallertartig da. Wir saßen schweigend wie Vergiftete herum. Nur Onkel Karol langte mit der Gabel in die Schüssel, ließ sie aber unsicher auf halbem Weg sinken und schaute uns verwundert an. Meine Mutter befahl, die Schüssel in den Salon zu stellen. Dort lag er auf dem Photoalbum und einem mechanischen Leierkasten mit Zigaretten: von uns gemieden und regungslos«.

Doch damit sollte die irdische Wanderschaft des Vaters nicht zu Ende sein: »Nach einigen Wochen regungslosen Liegens konsolidierte er sich gleichsam in sich selber und schien sozusagen wieder langsam zu sich zu kommen. Eines schönen Morgens fanden wir die Schüssel leer. Nur ein Bein lag am Rand des Tellers, das er in der erkalteten Tomatensauce und in der von seiner Flucht zerstampften Gallerte verloren hatte. Gekocht, die Beine unterwegs verlierend, schleppte er sich mit den Resten seiner Kräfte weiter auf eine heimatlose Wanderschaft - und wir bekamen ihn nie mehr zu Gesicht.«   - Bruno Schulz, nach (loe2)

Schüssel (des Teufels)  Es war unser Bestreben, Mekka rechtzeitig zur Predigt zu erreichen, und ich persönlich war begierig, der inzwischen pestartigen Luft von Mina zu entkommen.

Das Land stank buchstäblich. Fünf- oder sechstausend Tiere waren getötet und in dieser Schüssel des Teufels zerlegt worden. Ich überlasse es dem Leser, sich den Rest auszumalen. Das Übel könnte durch die Errichtung von Schlachthöfen oder, noch einfacher, durch das Ausheben langer Gräben vermieden werden. Unerfreulicherweise steht der Geist von AI-Islam diesen allen Vorsichtsmaßnahmen entgegen, die der gesunde Menschenverstand vorgibt - ›Inshallah‹ und ›Kismet‹ treten an die Stelle von Vorbeugung und Bekämpfung. Und in Mekka, dem Mittelpunkt des Glaubens, ziehen die Menschen einen verheerenden Anfall von Cholera der Pietätlosigkeit vor, ›sich über die Vorsehung hinwegzusetzen‹ verachten selbst die Torheit des Versuches, das unvermeidliche Urteil zu verändern.  - Sir Richard Francis Burton, nach: Ilija Trojanow, Nomade auf vier Kontinenten. Auf den Spuren von Sir Richard Francis Burton. München 2008 (zuerst 2007)

Schüssel (3)  Ein Caboclo, ein Indianergott, erscheint. Der kleine Trommler, der die Pistole verkaufen wollte, wird in einem Stuhl herumgetragen. Die Teste der Lieder sind portugiesisch. Immer wieder das afro-brasih'anische Sehnsuchtswort »Luanda« - die Paradiesstadt.

Auch Professora Theresa fällt in eine sehr zurückhaltende Trance. - Das ist mein Fest, spricht sie als Caboclo.

Sie hat ein Geschenk mitgebracht. Eine Schüssel voll Blut. Sie bietet allen davon an. Es wird kultisch verweigert. Sie bietet es den Würdenträgern noch einmal an und nun trinken die Auserwählten. Wenn sie das Gesicht wieder aus der Schüssel heben, Lippen, Kinn blutig, verändert sich der Ausdruck ihrer Augen. Der indianische Waldgott bietet auch mir sein Geschenk an. Es schmeckt gut, säuerlich, wie Schwarzsauer, und nach Krautern; Ich habe vergessen, dass ich einen Bart habe und kleckere mein Zeug voller Blut.   - (xan)

 

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