Schrumpfkopf   Oh, nichts Schlimmes im Anfang. Hie und da eine Migräne, die ich dem Klima- und Nahrungswechsel zuschrieb. Doch diese Kopfschmerzen nahmen zu und wurden immer heftiger. Zuerst dauerten sie eine Stunde, und mit einer Aspirintablette wurde ich sie los. Aber allmählich dehnten sie sich über mehrere Stunden aus und wichen auch bei massiven Dosen von Beruhigungsmitteln nicht. Ich hatte den Eindruck, als sei mein Kopf in einen Schraubstock eingespannt und eine unsichtbare Kraft drehe die Schraube zu. Autosuggestion, denken Sie vielleicht. Sicherlich bis zu einem gewissen Punkt. Aber als ich mich eines Morgens anschickte, meinen täglichen Spaziergang zu machen, und ich meinen Filzhut aufsetzte, rutschte er mir über die Ohren.

»Der Friseur hat mir gestern abend die Haare zu kurz geschnitten«, dachte ich. Da der Hut alt war, kaufte ich bei meinem Spaziergang einen andern und gab wohl darauf acht, daß er mir genau paßte.

Drei Monate später fiel mir diese neue Kopfbedeckung wieder über die Ohren. Diesmal wurde ich ernstlich böse. Ich begab mich zu meinem Hutmacher, an dem ich meine schlechte Laune ausließ. Er entschuldigte sich lebhaft: »Seit dem Kriege«, sagte er, »haben unsere Filze an Qualität eingebüßt, außerdem ist das Lederband zu frisch. Erlauben Sie mir, einen Korkstreifen in den Hut einzulegen. Dann wird er Ihnen ausgezeichnet passen.« Ich verließ das Geschäft besserer Laune. Ein weiteres Vierteljahr verging. Aber nun mußte ich mich der Gewißheit fügen: der Hut war von schlechtester Qualität. Sein Futter hatte sich wieder stark ausgedehnt.  Ich schenkte ihn meinem Etagenkellner, der sichtlich entzückt war, eine fast neue Kopfbedeckung zu erhalten, und ich begab mich in ein anderes Geschäft. Um ein für allemal Ruhe zu haben, erstand ich einen ›Lock‹ aus London, trotz dem unsinnig hohen Kurs des englischen Pfundes. Sie wissen, mit welcher Sorgfalt diese Hüte angefertigt werden und zu welchem Preis die Geschäfte sie verkaufen.

Nun, drei Monate später mußte man die Korkeinlage verdoppeln, und wieder drei Monate später mußte ich auch diesen Hut beiseite legen.

Ich konnte der Wahrheit nicht mehr ausweichen. Sie sprang zu deutlich in die Augen. Meine Schädeldecke schrumpfte ein.  - Maurice Sandoz, Die Tsantsa. In: M. S., Am Rande. Zürich 1967

Schrumpfkopf (2)


Schrumpfkopf (3)

klingling! wer ist da dräust!
ein schrumpfkopf wie iie faust!

was will er mir verehren?
nen küß in allen ehren!

hat er auch hand und fuß?
bloß s mäulchen für den kuß!

wie kam er dann hier an?
auf krücken, wie ein mann!

wie hat er dann geschellt?
mit der nase, wenns gefällt!

ist schwarz er oder weiß?
nein, grün wie mandeleis!

dann zieh er wieder ab,
zurück ins urwaldgrab!

- (artm)

 

Schrumpfung Kopf

 

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