chreckling  Ich kann  wenig von meinen Anfängen berichten außer daß ich, vom Vater geboren, in der Muttersprache gediehen, immer schon Schreckling gewesen bin, daß mir alles zum Schreckenswort, zum Schreckensgedanken geworden ist, und, weil der Schrecken so riesenhaft war, folgte kaum je eine Tat, und, wenn sie folgte, war sie tatsächlich nichts als eine Geste des Schreckens. Ich vollbrachte immer alles zum eigenen Schrecken, ängstigte mich noch im nachhinein. Doch die Natur hilft, wie die Kunst, Lineamente, Federstriche zu zaubern; Wahrheitssehnsucht und artistische Ver-Rücktheit meine Schreibantriebe von Anfang an. Also bin ich immer schon den Eingebungen meines Auges gefolgt und habe alles sogleich an die Wand meines Zimmers mit Bleistift gekritzelt, wie beim Vokabellernen das lernbeflissene Kind, wofür es mit sanfter Rüge bedacht wurde. Ich war weniger ein Schrei- als ein Schreib-Balg - der Beginn meines Schreibens plötzlich und stürmisch - schon in der Schule schrieb ich Aufsätze für mein Leben gern, wurde deswegen gelobt und zum Beispiel erhoben, worüber ich meist Scham empfand, aber ich wußte schon damals nicht woher ich es hatte, wollte es auch nicht wissen, ererbt wohl kaum. Ohne sonderliche Bemühung um die oft unsichtbaren Fäden wodurch freiwillige Gedanken in einem Dichterkopfe zusammenhangen (Wieland).  - Friederike Mayröcker, Magische Blätter II. Frankfurt am Main 1987 (es 1421)
 
 

Schrecken

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme