chranktür
Welches Entsetzen und welche Erschütterung überfiel mich, als der erste Gegenstand,
auf den bei der Rückkehr meine Augen fielen, mein kleiner Freund war, der schelmische
Gefährte meines Lebens, aufgehängt an der Tür dieses Schrankes! Seine Füße berührten
fast den Boden, ein Stuhl, den er ohne Zweifel mit dem Fuß weggestoßen hatte,
lag, umgeworfen, neben ihm, sein Kopf war krampfhaft auf eine Schulter geneigt;
sein Gesicht, aufgedunsen, und seine Augen, in erschreckender Starrheit weit
geöffnet, ließen mich zuerst glauben, daß er noch lebte. Ihn abzunehmen war
kein so leichtes Geschäft, das können Sie mir glauben. Er war schon ganz steif,
und ich empfand einen unerklärlichen Widerwillen, ihn plötzlich und hart auf
den Boden fallen zu lassen. Ich mußte den ganzen Körper mit einem Arm stützen
und mit der Hand des anderen Armes den Strick abschneiden. Aber selbst damit
war noch nicht alles geschafft; das kleine Ungeheuer hatte eine sehr dünne Schnur
benutzt, die sich tief ins Fleisch eingeschnitten hatte, und ich mußte erst
mit einer dünnen Schere den Strick zwischen den beiden Wülsten der angeschwollenen
Haut heraussuchen, um ihm den Hals freizumachen. - Charles
Baudelaire, Der Spleen von Paris. In: C. B., Die Tänzerin Fanfarlo und Der Spleen von Paris. Zürich
1977 (detebe 20387)
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