Das halb einem Affen, halb einem Riesenfrosch ähnliche Wesen hielt in seinen durch Schwimmhäute verbundenen Vorderklauen etwas Dunkles wie eine kraftlos vom Körper abstehende Menschenhand, und der Körper selbst zeichnete sich in undeutlich gewundener Linie an der Wand daneben ab.
Von kaltem Schweiß überlaufen, stützte ich mich mit den Füßen gegen die Kaminwangen und streckte mich etwas nach oben. Da kam aus dem breiten, von Ohr zu Ohr reichenden Maul des Monstrums ein besonderer, raubtierhafter Ton; das Scheusal knirschte mit den Zähnen wie ein Affe. Meine Bewegung mußte es aufgescheucht haben; offensichtlich hatte es ebenfalls seine Position geändert, denn nun fiel ein breiterer Streifen Licht in das Dunkel und beleuchtete mir deutlich ein furchtbares Bild.
Das durch irgendein Wunder wie mit Saugnäpfen an die Wand geheftete oder an ihr klebende Ungeheuer hielt Biedron fest umfangen; die mit weißem, flauschigem Pelz bedeckten hinteren Gliedmaßen hatten sich kreuzweise um die Beine des Opfers geschlungen, während der Rüssel länglich wie bei einem Ameisenbären sich. in gierigem Kuß an der Schläfe des Unglücklichen festgesogen hatte.
Vor Wut sah ich rot, überwand die Angst und kletterte wieder ein paar Steigeisen
höher. Offenbar beunruhigt, begann das weiße Wesen, die löffelartigen Ohren
zu spitzen und immer lauter zu knirschen; doch es rührte sich nicht von der Stelle. Ich sah seine vergeblichen Bemühungen,
ich sah, wie es versuchte, entweder auf mich. herabzuspringen oder aber nach
oben zu entweichen. Doch seine Bewegungen waren irgendwie ungeschickt, irgendwie
sehr schwerfällig; es schien, als wäre es erstarrt wie eine Schlange, die ihr
Opfer verschlungen, oder steif geworden wie ein Blutegel, der zuviel Blut gesogen
hat; nur die vorstehenden, tellerrunden Augen heftete es immer hartnäckiger
auf mich und drohten. - Stefan Grabinski, Das Abstellgleis. Frankfurt am Main
1971 (Insel, Bibliothek des Hauses Usher, zuerst 1953)
2. Er ist der herr der dachfirste, den eine aufgehende sonne aus dem tadellos weißen arbeitsdreß rosig hervorgucken sieht. Aber schon einige stunden später, beim lunch, da schwärzt er sein butterbrot, das er mit lachenden zähnen verspeist.
3. Vor dem haus nummer 105 hat der kaminfeger Tonio einen teil seines handwerkszeuges abgestellt, man berührt es gerne mit dem zeigefinger, das soll glück bringen oder zumindest vor kommendem pech bewahren, ein naiver glaube und gänzlich harmlos, also warum ihn nicht pflegen?
4. So mannstoll ist keine köchin, daß sie nicht die hände eines kaminfegers flöhe, mögen auch lustige blätter gegenteiliges berichten, alles zu seiner zeit, auch nach dem tagewerk ist ein nettes stelldichein möglich.
5. Durch den dunklen, engen schacht rasselt des kaminfegers eiserne kugel:
ängstlich blicken kinder und erwachsene auf, sie entsinnen sich alter geschichten.
Ein engel ist der kaminfeger nicht, aber auch kein teufel, bloß ein mensch wie
du und ich - also keine bange, Julchen! -
H. C. Artmann, Fleiß und Indusrtie (mit Frankenstein in Sussex). Frankfurt am Main 1969 (es 320)
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