Schmetterlingskuß  Murphy kniete neben dem niedrigen Bett nieder, nahm Mr. Endons Kopf in seine Hände und zwang die Augen, in seine zu schauen, oder besser seine, ihm in die Augen zu schauen, über die schmale Kluft aus Luft, die bloße Handbreit Luft. Murphy hatte Mr. Endons Augen oft inspiziert, aber nie aus solcher Nähe und so lange wie jetzt.

Was ihre Form angeht, so waren sie bemerkenswert, sowohl tiefliegend als auch vorquellend, eine jener Launen der Natur, wobei die Höhlen so weit ausgedehnt waren, daß Mr. Endons Brauen und Backenknochen eingedrückt zu sein schienen. Und ihre Farbe war kaum weniger bemerkenswert, da sie eigentlich keine hatten. Das Weiß, von dem man schmale Streifen unter den oberen Lidern sah, war nämlich sehr stark vertreten, und die Pupillen waren außerordentlich verkleinert, als ob sie unter ständigem Lichtüberfluß litten. Die Iris war zu einem dünnen, meergraugrünen Rand laichartiger Konsistenz zusammengeschrumpft und glich so sehr einem Kugellager zwischen dem Schwarz und dem Weiß, daß beide sich in Rotationen mit entgegengesetzten Richtungen oder besser in derselben Richtung hätten setzen können, ohne daß es Murphy im geringsten überrascht hätte. Alle vier Lider waren zu einem Ektropion von großer Ausdruckskraft, einer Mischung aus List, Verderbtheit und verzückter Aufmerksamkeit, umgestülpt. Murphy, der seine Augen immer mehr näherte, erblickte das rote Gekröse der Schleimhaut, einen dicken Eiterpunkt an der Wurzel einer oberen Wimper, das Filigran von Äderchen wie das Vaterunser auf einem Zehennagel und in der Hornhaut sein eigenes, schrecklich verkleinertes, verfinstertes und verzerrtes Gesicht. Murphy und Mr. Endon waren klar zu einem Schmetterlingskuß, wenn dies noch immer der treffende Ausdruck ist.   - (mur)

 

Schmetterling Küssen

 

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