chmeichelei   Bei Sir Alexander Dick erzählte ich davon, wie Lady Eglinton erklärt habe, Dr. Johnson an Sohnes Statt annehmen zu wollen; dabei unterlief mir das Versehen, daß ich behauptete, dies sei geschehen, weil sie ein Jahr nach Johnsons Geburt geheiratet habe. Johnson fiel mir sofort ins Wort: « Sehen Sie denn nicht, daß Sie die Gräfin verunglimpfen? Dann wäre ich ja ihr natürlicher Sohn.» Eine vornehme junge Dame, die zugegen war, [Lady Anne Lindsay], wandte ein: «Hätte in diesem Fall der Sohn den Fehltritt nicht gerechtfertigt ?» Johnson fühlte sich durch diese Artigkeit sehr geschmeichelt; er hat sie nie vergessen. Wenn er besonders guter Dinge war und von seiner Schottlandreise erzählte, hat er mir mehr als einmal zugerufen: «Was war es doch, Boswell, was mir die junge Dame bei Sir Alexander sagte ?»   - (johns)

Schmeichelei (2) Wenn wir der Oberschicht bescheinigen, sie habe in besonderem und verblüffendem Maße Verstand sowie Gewandtheit im Gespräch oder Streitgespräch, dann statten wir sie mit etwas aus, das nicht eigentlich ihr Merkmal oder gar ihr Ziel ist. Mit Disraeli (der als Mann von Geist und nicht von Adel vielleicht an erster Stelle für die Einrührung dieser Sorte Schmeichelei an die Adresse der Gentry verantwortlich zu machen wäre) könnte man sagen: Wir erfüllen die eigentliche Funktion der Schmeichelei, die darin besteht, Leuten mit Qualitäten zu schmeicheln, die sie gar nicht besitzen. Ein Loblied kann maßlos und verrückt sein und hat dennoch nichts von Schmeichelei an sich, solange es etwas preist, das man wirklich wahrnehmen kann. Jemand kann erzählen, die Giraffe stoße mit dem Kopf an die Sterne oder ein Wal fülle die ganze Nordsee aus, ohne daß er mehr tut, als über ein Lieblingstier ins Schwärmen zu geraten. Fängt er jedoch an, die Giraffe zu ihren Federn und den Wal zu seinen eleganten Beinen zu beglückwünschen, dann haben wir jenes gesellschaftliche Verhalten vor uns, das wir Schmeichelei nennen.   - Gilbert Keith Chesterton, Ketzer. Eine Verteidigung der Orthodoxie gegen ihre Verächter. Frankfurt am Main 2004 (it 3023, zuerst 1905)

Schmeichelei (3)  Der Galgen ist eine Schmeichelei für jene, die nicht daran hängen. Er macht sie glauben, sie seien tugendhaft.   - Charles Pinot Duclos, nach (bord)

Schmeichelei (4)   Swidrigailow: "Es ist ein bekanntes Mittel: die Schmeichelei. Es gibt nichts Schwierigeres auf der Welt, als aufrichtig zu sein, und nichts ist leichter, als zu schmeicheln. Wenn die Aufrichtigkeit auch nur um einen Hundertstelton falsch ist, ergibt sich sofort eine grelle Dissonanz, der ein Skandal folgt. Bei der Schmeichelei mag jedoch alles bis zur letzten Note falsch sein, sie ist immer noch angenehm, und man hört sie nichit ohne Vergnügen - zwar mit einem primitiven Vergnügen, aber dennoch mit Vergnügen. Und so plump die Schmeichelei auch sein mag, man nimmt zumindest doch die Hälfte für bare Münze. Das gilt für alle Stufen der Entwicklung und für alle Schichten der Gesellschaft. Sogar eine Vestalin kann man mit Schmeicheleien verführen, von gewöhnlichen Menschen ganz zu schweigen. Ich kann nicht, ohne zu lachen, daran zurückdenken, wie ich einmal eine Dame verführte, die ihrem Gatten, ihren Kindern und ihren Tugenden völlig ergeben war. Wie vergnüglich das war, und wie wenig Arbeit es kostete! Dabei war diese Dame wirklich tugendhaft, wenigstens auf ihre Art. Meine ganze Taktik bestand darin, daß ich einfach jeden Augenblick von ihrer Tugend überwältigt war und mich vor dieser Tugend bis zur Erde neigte. Ich schmeichelte ihr gottlos, und sobald ich einen Händedruck oder einen Bück erhäscht hatte, machte ich mir Vorwürfe, ich hätte ihr das mit Gewalt abgerungen; sie hätte sich widersetzt, sie hatte sich so sehr widersetzt, daß ich ganz gewiß niemals irgend etwas erreicht hätte, wäre ich nicht so lasterhaft; sie hätte in ihrer Unschuld meine Hinterlist nicht durchschaut und nachgegeben, ohne es zu wollen, ohne es zu wissen, ohne auch nur eine Ahnung davon zu haben, und so weiter und so fort. Mit einem Wort, ich erreichte alles, und meine Dame war im höchsten Maße davon überzeugt, unschuldig und keusch zu sein, alle ihre Pflichten und Obliegenheiten zu erfüllen und völlig unversehens zum Opfer geworden zu sein. Und wie böse sie auf mich war, als ich ihr schließlich und endlich erklärte, daß sie nach meiner festen Überzeugung den Genuß genauso gesucht habe wie ich!" - Fjodor M. Dostojewskij, Schuld und Sühne. München 1987 (zuerst 1866)

Schwindel Werkzeug, soziales

 

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