chlosser  Der Schlosser Fizio Milo ist ein so bescheidener Mensch, daß er allmählich fast völlig verschwunden ist. In einem Winkel der Werkstatt ist nur eine Art verschwommener Schimmer zurückgeblieben, den man kaum noch als Licht bezeichnen kann. Seine Lehrlinge schenken dem nicht einmal mehr Beachtung, so wie sie ihn nicht beachtet hatten, als er sichtbarer war. In seiner Ecke ist Fizio vertieft in die Lektüre der Bibel, vor allem des Alten Testaments, und der Aufstellung von Statistiken der Heiligen Schrift: er zählt, wie oft ein bestimmtes Wort vorkommt, dann zählt er ein anderes. Wenn es jemandem in den Sinn kommt, nach Einbruch der Dunkelheit in der Werkstatt nach einer Zange zu suchen, kann es geschehen, daß hinter einem Schrank seine leiernde Stimme zu hören ist, mit der er die Ergebnisse seiner Arbeit verkündet: »Auszug der Juden aus Ägypten: 1324 Schafe, 273 Altäre, 75l Kanaaniter, 79 Prostituierte, 27 Schleudern, 2642 Zelte, 85 Segnungen, 968 Gotteszorne, 254 Fische, 336 Ehebrecherinnen, 27 Goldene Kälber, 61 Donner . . .«   - (bdm)

Schlosser (2)

- Lewis Wickes Hine

Schlosser (3)   Fürs letzte Geld habe ich mir ein Schloß gekauft und einen sehr netten Schlosser bestellt, der es an meiner Zimmertür anbringen sollte. Der Schlosser verlangte nur einen Rubel und machte seine Witzchen mit mir. Er suche gerade eine Frau. Der Dummkopf., er hatte keine Ahnung, daß ich gerade im Begriff war, Großmutter zu werden! O heilige Einfalt der einfachen Leute, denen jeder beliebige Mensch sympathisch ist. Schranken existieren für sie nicht, weder altersmäßig noch sozial.

Am nächsten Tag kam der Schlosser mit einer Schachtel Pralinen an und wurde von meiner Tochter mit der Frage empfangen: «Wen suchen Sie?» (Ich stand weiter hinten in meinem Morgenmantel mit den Kamillenblüten.) Er winkte mir von der Tür aus mit der Schachtel zu: «Hier, was zum Naschen.» Er selbst hatte auch ganz schön genascht. Meine Tochter sagte laut und deutlich: «Mama! Das kann doch nicht dein Ernst sein!» Worauf mein Galan, der sich ein bißchen Mut angetrunken hatte, in Verwirrung geriet und im Schoß der Ewigkeit verschwand, er kündigte uns fristlos. - Ljudmila Petruschewskaja, Meine Zeit ist die Nacht. Aufzeichnungen auf der Tischkante.  Berlin 1991 (zuerst 1990)

 

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