chleier   Man war darauf gekommen, sich der Turmaline zu bedienen um Wärme, die lose verschwimmende flüchtige Kraft, in die strengere feste der Elektrizität zu drängen. In Texas Brasilien, auf den britischen Inseln hatten die Stadtschaften für die Grönlandexpedition Felsen abgetragen, Ganggranite sprengen, Turmalinlager aufstapeln lassen zur Verarbeitung bei dem belgischen Mons. Das zertrümmerte Gestein wurde gereinigt, die getrennten Bergarten geschmolzen, umkristallisiert. Man fertigte schleierartige Gebilde aus ihnen an. Die Völker der Turmaline hingen, Geschöpf neben Geschöpf, elastisch schwingend da aneinander, in schlanken Säulen; fremdes Mineral trennte Kristall von Kristall. Sie waren es, die das strahlende Feuer der Vulkane an sich saugen sollten, ihre Glut in den Fluß der Elektrizität verwandeln, den sie dann später wieder auf Grönland in lockerer Glut aushauchen sollten. Schleier auf Schleier des Gewebes wurde bei Mons gegossen. Die Lager der zertrümmerten Ganggranite verminderten sich. In die Hallen ungeheurer Schiffe wurden die elastischen scheckigen Kristallgespinste verfrachtet. Sie konnten jedes Feuer der Erdoberfläche fassen. In den Frachtern, die nach Island fuhren, hingen sie ausgespannt. Eine gabelförmige Spalte teilte auf, was von Island übriggeblieben war. Sie zog von Süden zum Trölladyngja, legte sich nach Norden dem Skalfandar entlang, nach Osten parallel dem Kyarkjöll. Wo der Krabla und Leirhukr gestanden hatten, im Süden die achtkuppige Hekla, die entsetzliche Katla wogte ein Feuersee. Unregelmäßig schossen aus seitlichen Explosionsgräben Feuergarben. Die ganze zu Tag liegende Masse hob und senkte sich gleichmäßig; sie pulsierte, wogte dröhnend, den frischen Steinpanzer zerreißend, lavengischend, stieg rieselnd in die Erde zurück, schwarze Klüfte freilegend. Lichtweiße Dampfballen traten an die Oberfläche, die wie flüssiges Metall gelbrot gelbbraun schwer wallte, Mit den Dampfballen tanzten glühende Lavastücke auf dem See. Eine Weile trieben sie über dem verhüllten Spiegel, nach Süden und Norden. Dann während sie rechts und links zerflossen, ballten sie sich an einer Stelle, blieben stehen, wurden dichter höher, schwollen zu Bergumfang an; der ganze See erzitterte, der Boden der Insel schwankte. Der See erhob sich wie ausgebeult unter dem weißen Dampfberg. Tumultuarisch regte er sich, peitschenartig schlugen fliegende Steine aneinander. Zu ihrem hellen Getön trat Poltern, Rücken, orgeltiefes Murren. Mit einem Donnerlaut platzte die Dampfmasse auseinander, wurde über den See und die Berge der Insel getrieben. Lavamassen stürzten aus dem rüsselfürmig aufgestürzten See; in Säulen und Garben wurden sie hochgetrieben, fächerartig ausgedehnt. Das wogende Feuer sank, mit weißen Wölkchen spielend, wieder ein.

Die Geschwader beim Thistillfjord und südlichen Myrdalsjökull ankernd, die Frachtschiffe mit den Turmalinnetzen hinter sich, vermochten unter den Bombenauswürfen, den Gas- und Lavaexplosionen der glühenden See sich nicht seiner Oberfläche zu nähern. Man schickte von verschiedenen Seiten Fliegerflottillen gegen den See vor, die ihn erst ohne Last, dann mit ausgespanntem Turmalinschleier kreuzten. Von Rifstangi im Norden drangen Flottillen vor, aus der Vopnabucht von Osten in die Gegend des alten Herdubreid, dessen randliche Trümmermassen in das Feuer absickerten. Die Flieger hatten schreckliche Verluste; jedoch litt niemand zum Verzagen darunter. Zu jeder Tätigkeit drängten sich die Männer und Frauen; die Verluste waren schmerzlich, wurden aber fast begierig zur Kenntnis genommen. Alte und neue Islandfahrer waren in einem Gefühl zusammengeschweißt. Die Schleier, über der wühlenden Erde, dem aufberstenden und zurückfallenden See durch keine Pfeiler ausspannbar, mußten über die Oberfläche feuernah geschleift werden. Sie zerrissen, tauchten ein und schmolzen, stürzten mit den Fliegern ab. Dazu veränderten sich schon Seeteile in beängstigender Weise. Die Vulkane, erst erfüllte einheitliche Feuerbecken, zogen Schlackenmauern zwischen sich, häuften Wälle im See auf. Es schien als ob in der Tiefe Reste der alten Vulkane lagerten, die im Begriff waren ihre Leiber neu aufzubauen. Die Einbruchsfelder der Berge traten um den Myvatn in verschwommenen Linien schon wieder hervor. Unabsehbar weit ergossen sich die Lavaströme über das Land. Durch die Dämmerung des Tages quollen sie schwarzblau, die Nächte durchstrahlten sie weiß. Sie liefen sich in steinernen Säcken fest, die sie selbst um sich legten. Teile des alten Thistillgeschwaders rissen die Säcke auf, trieben Gase unter die Sackhaut, mit denen sich die glutende Lava freisprengte. Und wie die Ströme quollen, meilenbreite Bänder, über die sich neue schoben bis zur Höhe mehrerer Häuser, so daß der Boden im durchflossenen Gebiet sich anhob, versahen sich die Fliegergeschwader mit Böenbomben, die ihnen den Rücken gegen Aschen und Blöcke freimachen mußten, und mit Eis dunstenden Masken.

Sie zogen ein Netz von Pfeilern am Skalfandar entlang nach Süden, über den Hofsjökull, parallel dem verschütteten Tjörsarfluß nahe der gestürzten Hekla. Eine zweite Pfeilerreihe richteten sie am Gletscherwestabhang des Vatnamassivs auf, nach Norden über den Kyarkfjöll das Meer erreichend, wo es aus der Heraldsbucht den Lauf des alten Lagarflusses bedeckte. Eine dritte Pfeilerreihe lief im Halbkreis vom Axarfjord im Norden zur Gegend des Myvatn, am Dyngjafjöll, Herdubreid vorbei. Sie hatten den Feuersee mit den Pfeilern allseitig dicht umspannt. Es begann die fürchterliche todheischende Arbeit, über der dampfenden, immer wieder aufspringenden Masse, den kochenden See mit den Schleiern geschwaderweise zu überfliegen, die Schleier an den Pfeilern aufzuhängen. Blitzrasch mußte man vorgehen, besondere Augenblicke anjedem Ort abwarten bei dem Vorstoß von Westen zu den Pfeilern am Vatnanordabhang und am Kyarkfjöll. Häuserhoch schwebte der ausgespannte blinkende Kristallschleier über dem Magmasee. Darunter fuhren zu seinem Schutz, Böen um sich schleudernd, die Menschen der alten Nordflotte, sprengten erweichten die grauen rahmartigen Schalen, daß der weiß und gelb gleitende Strom zutage trat. Und schon zuckten von den Pfeilern die Gurte mit den Turmalinvölkern herunter, wie Möwen auf den Fisch, der an der durchsichtigen Oberfläche schwimmt, schnellten gedehnt geschwellt knisternd hoch, wurden seewärts von den Pfeilern abgezogen, schwebten auf kaltes Land und auf Schiffe, während schon neue Fluggeschwader sich zum Vorstoß anschickten. Aschen und Gase brunsteten aus dem Feuerabgrund, die weißen Wolken perlten auf ihm wie Schweißtropfen, zerflossen unter den Böen.

Jenseits der Pfeilerreihen, in Meeresnähe, hatte man Hallen zur Aufnahme der geladenen Turmaline erbaut. So groß war die Spannung der geladenen Schleier, daß die ersten abschwirrenden nicht gesicherten Flieger mit ihnen gelähmt ins Meer stürzten. Die Schleier sprühten auf dem nur minutenlangen Weg durch die Kälte einen Teil ihrer Spannung wieder aus. Man blies, wie sie die Feuerregion verließen, aus Drahtnetzen, auf denen sie beim Fliegen lagen, Hitze auf sie; die Netze verdampften bei der Berührung mit den geladenen Schleiern. Man mußte die Hallen sehr nah den Vulkanen legen. Dahinein rauschten die Kraft um sich streuenden Schleier. Klingen und Schwirren ging von ihnen aus. In eine trägflüssige zitronengelbe Masse wurden sie gestürzt, in die Riesenwannen der Hallen. Bis auf den Wannengrund war die Masse durchsichtig, sie opalisierte; apfelgroße Blasen stiegen langsam in ihr auf. Schwere wallende Schlieren legten sich wie Fäden eines Strickwerkes um den eingehängten Schleier. Er war, wie er das heiße dickölige Bad verließ, in allen Maschen graugelb umzogen, verglast. Sein Schwirren hatte aufgehört; man konnte ihn ruhig berühren, die klebrigen Anhängsel abstreichen.

In gleichen Abständen liefen inzwischen weiter die Frachtschiffe mit Turmalinen vom Kontinent herüber, befuhren das große atlantische Wasser. Eingehüllt wurden sie in das Sausen des Windes, Plätschem klang herauf, Murren aus der Ferne. Fuhren in der wolkendurchflatterten Luft, Sturmschwalben Silbermöwen mit gezackten Schwänzen, Stoßtaucher neben sich. Das Meer fiel dreitausend Meter tief unter ihnen. Mit Fischen Algen Quallen Schleimtieren war es gefüllt. Es warf sich in Ebbe und Flut. In Glitzern und Scheinen schwebten die Schiffe. - (gig)

Schleier (2)

De Masticatione Mortuorum
Cap. II. Th. 10.

Objectum seu materiam, qvâ vescuntur sepulcrales comedones, geminam animadvertere licet.

Ita est, jam enim deglutiunt amicula feralia ori vicina, uti cadaver anni 1345. qvo de Harsdorff. l.c. als man sie ausgegraben / hat sie den Schleier / damit Ihr das Haupt ist verbunden gewesen / halb hinein gessen gehabt / welcher ihr blutig aus dem Halse gezogen worden. Id de cadavere, qvod ultimo loco nos supra Cap. I. th. 7. memoravimus: Der Hencker zog Ihm aus dem Maul einen langen grossen Schleier / welchen er seinem Weibe von den Haupte hinweg gefressen hatte. Alil mortui vescuntur suâmet carne & in propria saeviunt viscera, ceu de cadavere tempore Lutheri sepulto narratur: Also lesen wir / inquit Schlüsselburg. daß an Herr M. Georg. Röhrern gen Wittenberg ein Pastor von einem Dorffe geschrieben / wie in seiner Gemeine ein Weib gestorben / die fresse sich nun selbst im Grabe. Idem paulo post: man hats also befunden / wenn man das Grab eröffnet / daß solche Weiber die Lippen und Schleier oder das Tuch am Halse gefressen. - Rohr, Dissertatio de Masticatione Mortuorum, Leipzig 1679, nach (vamp)

Schleier (3) Es ist die M a j a , der Schleier des Truges, welcher die Augen der Sterblichen umhüllt und sie eine Welt sehn läßt, von der man weder sagen kann, daß sie sei, noch auch, daß sie nicht sei: denn sie gleicht dem Traume, gleicht dem Sonnenglanz auf dem Sande, welchen der Wanderer von ferne für ein Wasser hält, oder auch dem hingeworfenen Strick, den er für eine Schlange ansieht.  - Veden, nach (wv)

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