chlangenzüchter
HANS SCHWEIZER war ein Schlangenzüchter, den seine Freunde SCHLANGEHANSI
nannten. Er war dermaßen in seine Tiere vernarrt, daß er ihnen sein geräumiges
Wohnzimmer überlassen hatte. Er selber jedoch arbeitete, schlief und aß in der
kleinen Küche. Und während er von Käse und Brot lebte, fütterte er z. B. seine
große Boa ausschließlich mit Kaninchen. Einmal im Jahr schrieb er einen Artikel
über Schlangen in der Zeitschrift Herbarium und bat mich jedesmal um
Hilfe, denn Stil und Grammatik waren nicht seine Stärke. Allerdings habe auch
ich, trotz meiner Dichtergaben, ihm nie viel Arbeit sparen können, er nahm es
leider viel zu genau. Am 27. März 1950 kam er, schüchtern wie immer, mit einer
Schuhschachtel, legte sie auf den Tisch und lief davon. Ich öffnete sie und
fand darin ein Stück Butter, eine Tafel Schokolade und einen Packen Schreibmaschinenpapier,
unbeholfen zusammengerollt und mit einer dicken Schnur zusammengebunden. SCHLANGEHANSI
war Angestellter der Basler Versicherungsgesellschaft. Er hatte dort dreißig
Jahre lang gearbeitet und war stolz darauf, nie einen Tag gefehlt zu haben.
Er nannte sich einen Frauenverächter. Ich glaube,
er hat niemals auch nur eine Frau näher kennengelernt. Alle seine Liebe verschwendete
er an sein gefährliches Hobby. Er hatte eine bis dahin unbekannte Schlangenart
entdeckt und ihr den Namen Vipera, Vipera Svizeri gegeben. Mit dieser
Schlangenart - so sagte er mir voller Überzeugung — werde sein eigener Name
weiterleben, so wie der Name eines Vaters mit seinen
Kindern weiterlebt. - Daniel Spoerri, nach: Daniel Spoerri u.
a., Anekdoten zu einer Topographie des Zufalls. Neuwied und Berlin 1968
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