Wohin war jetzt Zwerg? Und Torweg? Und Spinne? Und alles Flüstern? Träumte ich denn? Wachte ich auf? Zwischen wilden Klippen stand ich mit einem Male, allein, öde, im ödesten Mondscheine.
Aber da lag ein Mensch! Und da! Der Hund, springend, gesträubt, winselnd, - jetzt sah er mich kommen - da heulte er wieder, da schrie er - hörte ich je einen Hund so Hülfe schrein?
Und, wahrlich, was ich sah, dergleichen sah ich nie. Einen jungen Hirten sah ich, sich windend, würgend, zuckend, verzerrten Antlitzes, dem eine schwarze schwere Schlange aus dem Munde hing.
Sah ich je so viel Ekel und bleiches Grauen auf einem Antlitze? Er hatte wohl geschlafen? Da kroch ihm die Schlange in den Schlund - da biß sie sich fest.
Meine Hand riß die Schlange und riß: - umsonst! sie riß die Schlange nicht aus dem Schlunde. Da schrie es aus mir: „Beiß zu! Beiß zu!"
Den Kopf ab! Beiß zu!" - so schrie es aus mir, mein Grauen, mein Haß,
mein Ekel, mein Erbarmen, all mein Gutes und Schlimmes
schrie mit Einem Schrei aus mir.
- Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra (zuerst 1885)
Schlangenbiß (2) Man setzte uns mit bloßen Füßen
um ein helles Feuer und rückte uns ihm ganz nahe, so daß ich die Haut
zunächst sich röten, dann pergamenten werden und springen sah. Dann peitschte
man sie mit Geißeln, an denen statt der Riemen ein Büschel von Vipern hing.
Sie gruben ihre Zähne in das wunde Fleisch, und ich empfand die Bisse dem Schmerz
des Feuers gegenüber als Linderung. - Ernst Jünger, Strahlungen (12. Mai 1941)
Schlangenbiß (3)
- Detail aus: Michelangelo, Das Jüngste Gericht
Schlangenbiß (4)
- Leone Frollo
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