chlafwachen    Es giebt einen Zustand, in welchem wir zwar schlafen und träumen; jedoch eben nur die uns umgebende Wirklichkeit selbst träumen. Demnach sehn wir alsdann unser Schlafgemach, mit Allem, was darin ist, werden auch etwan eintretende Menschen gewahr, wissen uns selbst im Bett. Alles richtig und genau. Und doch schlafen wir, mit fest geschlossenen Augen: wir träumen; nur ist was wir träumen wahr und wirklich. Es ist nicht anders, als ob alsdann unser Schädel durchsichtig geworden wäre, so daß die Außenwelt nunmehr, statt durch den Umweg und die enge Pforte der Sinne, geradezu und unmittelbar ins Gehirn käme. Dieser Zustand ist vom wachen viel schwerer zu unterscheiden, als der gewöhnliche Traum; weil beim Erwachen daraus keine Umgestaltung der Umgebung, also gar keine objektive Veränderung, vorgeht. Nun ist aber das Erwachen das alleinige Kriterium zwischen Wachen und Traum, welches demnach hier, seiner objektiven und hauptsächlichen Hälfte nach, wegfällt. Nämlich beim Erwachen aus einem Traum der in Rede stehenden Art geht bloß eine subjektive Veränderung mit uns vor, welche darin besteht, daß wir plötzlich eine Umwandelung des Organs unserer Wahrnehmung spüren: dieselbe ist jedoch nur leise fühlbar und kann, weil sie von keiner objektiven Veränderung begleitet ist, leicht unbemerkt bleiben. Dieserhalb wird die Bekanntschaft mit diesen die Wirklichkeit darstellenden Träumen meistens nur dann gemacht werden, wann sich Gestalten eingemischt haben, die derselben nicht angehören und daher beim Erwachen verschwinden, oder auch wann ein solcher Traum die noch höhere Potenzirung erhalten hat, von der ich sogleich reden werde. Die beschriebene Art des Träumens ist Das, was man Schlafwachen genannt hat; nicht etwan, weil es ein Mittelzustand zwischen Schlafen und Wachen ist, sondern weil es als ein Wachwerden im Schlafe selbst bezeichnet werden kann.   - Schopenhauer, Versuch über Geistersehn und was damit zusammenhängt, nach (schop)
 
 

Schlaf

 

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