Da sie sonst keine Möglichkeit sah, heimlich hineinzukommen, schlüpfte sie
in einen Schlafsack und machte sich ganz schmal, Apollodoros aber verschnürte
ihn mit einem Riemen und trug ihn durch die Palasttore zu Caesar. Caesar soll
von diesem Trick Kleopatras, die ihm kapriziös erschien,
entzückt gewesen sein, und ihr weiteres Auftreten und ihr Charme
ließen ihn völlig den Kopf verlieren. - (
gsv
)
Schlafsack (2) Er hielt sie fest im Arm, er fühlte die Länge des jungen Körpers, er streichelte ihren Kopf, er küßte das salzige Naß ihrer Augen, und während sie weinte, fühlte er unter dem Hemd, das sie trug, die gerundeten, festen, spitzen Brüste.
«Ich kann nicht küssen», sagte sie. «Ich verstehe es nicht.»
«Du brauchst mich nicht zu küssen.»
«Doch. Ich muß küssen. Ich muß alles tun.»
«Du brauchst gar nichts zu tun. Es ist alles gut so. Aber du hast viele Kleider an.»
«Was soll ich tun?»
«Ich werde dir helfen.»
«Ist das besser?»
«Ja. Viel besser. Ist es nicht besser für dich?»
«Ja. Viel besser. » - Ernest Hemingway, Wem die Stunde schlägt. Frankfurt am Main
1978 (zuerst 1940)
Schlafsack (3) Das einzige Geräusch, das man hören
konnte, kam von einem Guanako, ein Geräusch, als ob ein Baby gleichzeitig weinte
und nieste. Man sah ihn in etwa hundert Meter Entfernung stehen — ein einsames
Guanako-Männchen, größer und anmutiger als ein Lama, mit rotgelbem Fell und
einem weißen, hochaufgerichteten Schwanz. Es heißt
immer, Guanakos seien scheue Tiere, aber dieser war richtig verrückt nach mir.
Als ich nicht mehr laufen konnte und mich in meinem Schlafsack auf dem Boden
ausstreckte, blieb er auch stehen, in gleicher Entfernung, und gluckste und
wimmerte. Am nächsten Morgen stand er ganz in meiner Nähe, aber der Schreck,
als ich mich aus meiner Haut — dem Schlafsack — herausschälte, war zu groß für
ihn! Es war das Ende einer Freundschaft. -
(
pat
)
Schlafsack (4) Da ich wenig zu hüten hatte und sehr müde
war, so kroch ich, nach dortiger Sitte, in einen Sack, um so zu schlafen.
Kaum hatten die mutwilligen Knaben bemerkt, daß ich eingeschlafen war, als sie
mir den Sack über den Kopf gezogen und zugebunden hatten. Unglücklicherweise
hatte sich ein starkes Gewitter erhoben und sie zu dem Vieh getrieben, das bekanntlich
bei starkem Donner die Flucht ergreift. In der Angst hatten sie vergessen, den
Sack wieder aufzubinden. Als mich die heftigen Donnerschläge ermunterten, wußt
ich wohl, daß ich im Sacke stak, aber unbegreiflich war es mir, daß ich mich
nicht herausfinden konnte, und rief laut um Hülfe. Da mich niemand hörte, so
wälzte ich mich in dem Sack eine ziemliche Strecke weit von meiner Lagerstätte
und unglücklicherweise an ein Loch, worin sich das Wasser sehr angesammelt hatte,
so daß ich dem Jonas im Walfischbauche glich. Dadurch hatte sich der Sack so
verdichtet, daß ich kaum noch Luft schöpfen konnte und in Gefahr zu ersticken
war. Ängstlich betend fühlt ich in meinem Sacke herum, bis ich ein kleines Loch
darin entdeckte, welches ich mit Hülfe der Zähne so vergrößerte, daß ich mit
der Hand durchkommen und ihn damit vollends zerreißen konnte. Als ich herauskam,
war es ringsum Nacht um mich und so dunkel, daß ich mich nicht zu der Hütte
zurückfinden konnte, vor welcher ich gelegen hatte.Ich hörte weder Menschen
noch Vieh. - Johann
Christoph Sachse, Der Deutsche Gil Blas. Hg. Jochen Golz. Nördlingen
1987 (greno 10/20, zuerst 1822)
Schlafsack (5) Für die Nacht hatte er das System des Schlafsacks eingeführt; er benutzte keine Zelte und Hütten mehr, sondern schlüpfte in einen mit Pelz gefütterten Schlafsack, der an einem Ast aufgehängt war. Er verschwand ganz darin, um zusammengekauert wie ein kleines Kind einzuschlafen. Wenn ein ungewohntes Geräusch in der Finsternis zu hören war, kamen aus der Sacköffnung zunächst Pelzmütze und Flintenlauf hervor, dann folgte er selbst mit aufgerissenen Augen. (Man erzählte sich, er habe Augen bekommen, die wie die der Katzen und Eulen im Dunkeln leuchteten: Ich habe das freilich niemals bemerkt.)
In der Frühe hingegen, wenn der Eichelhäher schrie, tauchten aus dem Sack
zunächst zwei Fäuste auf, die sich lösten, worauf sich zwei Arme ausbreiteten
und reckten und durch dieses Recken sein gähnendes Gesicht zum Vorschein kam,
dann sein Oberkörper mit dem übergehängten Gewehr und dem Pulverhorn und schließlich
seine krummen Beine (sie wurden allmählich etwas schief, da er sich ständig
auf allen vieren oder geduckt zu bewegen pflegte). Diese Beine sprangen heraus,
bewegten sich, und nach einem Schütteln des Rückens und kurzem Kratzen unter
der Pelzjacke begann Cosimo seinen Tageslauf, wach und frisch wie eine Rose.
- Italo Calvino, Der Baron auf den Bäumen.
München 1984 (zuerst 1957)
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