chlafreise
Die Arbeit an der Erfindung hatte
ihn erschöpft, denn er spürte beim Laufen
ein erhebliches Nachlassen der Kräfte; auch zeigten sich sporadisch kataleptische
Erscheinungen, die bei ihm schon früher in Zeiten nervöser Störungen aufgetreten
waren. Die Anfälle traten, für seine Umgebung unsichtbar, gewöhnlich nachts
im Schlaf auf; wenn er morgens erwachte, fühlte er sich über die Maßen
erschöpft, als hätte er einen weiten Weg hinter sich. Er selbst war sich
nicht im klaren über seinen anomalen Zustand, denn der Übergang erfolgte
gleitend, ohne die geringsten Erschütterungen: nur sein Schlaf vertiefte
sich, das heißt er ging vom natürlichen in den kataleptischen über. Mit
der Erschöpfung nach dem Aufwachen verbanden sich höchst lebendige und
farbige Erinnerungen an die scheinbar im Schlaf gemachten Wanderungen;
Czarnocki kletterte die ganze Nacht im Gebirge herum, besuchte fremde Städte,
zog durch exotische Landstriche. Die nervöse Erschöpfung, die er in dieser
Zeit am Morgen verspürte, schien in klarem Zusammenhang mit den Schlafreisen
bei Nacht zu stehen. Und - merkwürdig - so erklärte er sie sich sogar.
Denn für ihn waren diese nächtlichen Wanderungen etwas völlig Reales. -
Stefan Grabinski, Das Abstellgleis. Frankfurt am Main 1971 (Insel, Bibliothek
des Hauses Usher, zuerst 1953)