- Ronald Searle, Weil noch das Lämpchen glüht. Zürich
(ca.) 2000
Schlächterin (2) Man sagt von ihr,
sie sei eine «schöngeistige Schlächterin». Das Wort ist treffend. Indes, wenn
sie Schlächterin ist, dann ist sie überhaupt nicht mehr schöngeistig und umgekehrt.
In Wirklichkeit ist sie eine Frau, die zwei extreme Pole besitzt und die es
nie verstanden hat, menschlich zwischen diesen Polen zu leben. Sie ist entweder
Engel oder Tier und nicht Frau. Ein Mann, ihr Gatte, hat sich in sie verliebt,
weil sie ihm wegen dieser beiden Pole gefiel, und nun ist sie reich: sonst hätte
sie vom Leben nur bittere Enttäuschungen gehabt, denn das Glück, - aus Gründen,
die hier zu erläutern nicht angebracht ist -lächelt nur den sehr menschlichen
Wesen. Hat sie zärtliche Gefühle für diesen Gatten? Sie soll sehr sentimental
und sogar sehr romantisch sein; das ist möglich: die menschliche Seele hat verborgene
Winkel. Sie soll feinfühlig sein, und Tatsache ist, daß sie sich sehr gut den
Milieus, die sie durchstreift, anzupassen weiß, seien es auch die ihres Geliebten.
Sie soll eine gute Mutter sein. Ich jedenfalls habe sie immer nur in der Nähe
ihrer Kinder gesehen, um sie rufen zu hören: «Geht spielen, meine Kleinen! Nehmen
Sie sie mit, Mademoiselle!» -(
jac
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