chiff, sinkendes  Kein Wunder, daß das Schiff leckte. Das arme Ding, das von dem Sturm so unerträglich überanstrengt worden war, hatte, wie aus Abscheu, alles Werg seiner unteren Nähte ausgespien. Es wurde von neuem kalfatert, neu mit Kupfer belegt und undurchlässig wie eine Flasche gemacht. Wir gingen zur Hulk zurück und nahmen unsere Ladung wieder über. Dann verließen in einer schönen Mondnacht alle Ratten das Schiff.

Sie hatten uns arg geplagt, hatten unsere Segel zernagt, mehr von den Vorräten vertilgt als die Mannschaft, hatten traulich die Betten mit uns geteilt und die Gefahren, und jetzt, da das Schiff seetüchtig gemacht worden war, beschlossen sie, sich aus dem Staub zu machen. Ich rief Mahon herbei, damit er sich das Schauspiel ansehe. Ratte um Ratte erschien auf unserem Schanzkleid, warf noch einen Blick zurück und sprang dann mit einem Plumps in die leere Hulk. Wir versuchten, sie zu zählen, kamen aber bald nicht mehr mit. Mahon sagte: ›Na, na! Reden Sie mir nicht von der Klugheit der Ratten. Sie hätten uns schon früher verlassen sollen, als wir mit Ach und Krach dem Schiffbruch entgingen. Da haben Sie den Beweis dafür, wie dumm dieser Rattenaberglaube ist. Sie ziehen von einem guten Schiff ab, um auf eine alte, verrottete Hulk überzuwechseln, wo es obendrein nichts zu nagen und zu beißen gibt, die Narren! ... Ich glaube nicht, daß sie besser wissen als Sie oder ich, was sicher oder gut für sie ist.‹   - Joseph Conrad, Jugend. Frankfurt am Main 1968 (zuerst 1902)

Schiff, sinkendes (2) Kapitän Nemo blickte stumm, finster, unversöhnlich durch die Backbordluke.

Eine gewaltige Masse schwankte durch die Wasser, und um ihren Todeskampf voll auszukosten, stieg der Nautilus mit ihr in den Abgrund. Zehn Meter von mir entfernt sah ich den aufgerissenen Rumpf, in den sich das Wasser mit Donnergetöse ergoß, dann die doppelte Reihe der Geschütze und die Schanzdecken. Auf dem Deck sah ich schwarze Schatten wimmeln, die sich bewegten.

Das Wasser stieg. Die Unglücklichen stürzten sich in die Wanten, klammerten sich an die Masten, wanden sich im Wasser. Es war ein menschlicher Ameisenhaufen, überrascht von einer Sturzflut!

Gelähmt, erstarrt vor Todesangst, mit gesträubtem Haar und aufgerissenen Augen, mit stockendem Atem und versagender Stimme schaute ich zu, auch ich! Eine unwiderstehliche Anziehungskraft bannte mich ans Fenster!

Das riesige Schiff versank langsam. Der Nautilus folgte ihm und belauerte jede seiner Bewegungen. Plötzlich erfolgte eine Explosion. Die komprimierte Luft ließ die Decks bersten, als wäre in den Kammern Feuer ausgebrochen. Der Druck des Wassers war so groß, daß der Nautilus abgedrängt wurde.

Nun sank das unselige Schiff schnell. Seine Mastkörbe, gedrängt voll Menschen, erschienen, dann die Querstangen der Rahen, die sich unter dem Gewicht der Menschentrauben beugten, schließlich die Spitze des Fockmasts. Dann verschwand die dunkle Masse in einem riesigen Wirbel, und mit ihr wurde ihre Besatzung in den Tod gerissen . . .

Ich wandte mich Kapitän Nemo zu. Dieser furchtbare Rächer, ein wahrer Erzengel des Hasses, blickte immer noch starr durch das Fenster.  - Jules Verne, Zwanzigtausend Meilen unter Meer. Zürich 1976 (zuerst 1870)

 

Schiff Ratte

 

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