Und wie allen großen Künsten muß auch dieser uneingeschränkte Aufrichtigkeit
zugrunde liegen, die wie ein Naturgesetz über unendlich viele der erstaunlichsten
Erscheinungsformen verfügt. Dein Streben muß ohne Falsch sein. -
(
con
)
Schiff (2) Thrasyllos aus Aixone litt an einer seltsamen
und neuartigen Geisteskrankheit: Er verließ die Stadt, ging zum Piräus
und schlug dort sein Domizil auf. Und alle Schiffe, die dort ankamen, hielt
er für seine eigenen. Er führte Buch über sie, sandte sie wieder aus und
freute sich riesig, wenn sie wohlbehalten in den Hafen einliefen. So lebte
er viele Jahre in seinem Wahn. Als aber sein Bruder von Sizilien heimkehrte,
übergab er ihn einem Arzt, daß er ihn heile. Und so genas er von seiner
Krankheit. Häufig jedoch dachte er daran, wie er sein Leben während seines
Wahns verbracht hatte, und sagte, niemals habe er sich so sehr gefreut
wie damals, wenn die Schiffe, die ihn doch gar nichts angingen, wohlbehalten
im Hafen anlegten. - (
ael
)
Schiff (3), ein Gefäß oder Kasten von Holtz und Bretern also zusammengefüget, daß es auf dem Wasser schwimmen und eine Last, so darein geleget worden, fortbringen kann.
Denen Kauffleuten dienen die Schiffe so wohl zum Transport ihrer Güter, als auch statt einer Waare, die sie ein- und wieder verkauffen, solche selbst fabriciren lassen, und damit ihren Profit suchen, sonderlich wenn solche Schiffe erst ein paar Reisen gethan, u. sich halb frey gefahren, da denn vielmahls noch ein Potentat, vornehmlich in Kriegs-Zeiten, sich zum Käuffer angiebt, und solche eben so theuer bezahlt, als wenn sie neu vom Stapel gelauffen wären. Es werden auch dergleichen Schiffe bey vorseyenden Transport der Militz oder Artillerie gesucht, am meisten aber, wenn eine neutrale Nation in bemeldeten Kriegszeiten die freye Fahrt hat, und daher derjenigen Nation, die im Kriege begriffen, und ihre Schiffe nicht gebrauchen kan, solche abkaufft. Es sind aber der Kauffahrthey-Schiffe, von welchen ietzund allein geredet wird; unterschiedliche Gattungen, groß und klein, des Baues, Form und Fähigkeit nach unterschieden, und auch nach den Ländern, wo sie gebauet und zu Haus gehören, mit allerhand Nahmen beleget. Als da heissen einige Barquen andere Caraques, Caravellen, Gallionen, welcher drey Sorten sich die Portugiesen und Spanier nach Westindien bedienen. Ferner werden einige genannt Boyers, Craquen, Feloquen, Feuerblasen, (wiewohl sie von Führnen- und nicht von Eichenholtze gezimmert) Flibots, Fleuten, Gallioten, Heeckbots, Houcres, Jachten, Kaagen, Londres, Marseillianen, Paquetboots, Pinassen, Polacren, Saicken, Schmacken, Tartanen und so ferner.
Soviel von der Schiffe ihrer mechanischen Eintheilung. Die politische
geschiehet in gantz freye, halbfreye und unfreye, von welchen insgesammt
in Schweden viel zu sagen ist. Bes. Marpergers Schwedischen Kaufmann,
p. 319. bis 333. woselbst alle diese drey Sorten, und was vor ein Schiff
von jeder Sorte sey, auch wie es benennet werde, und wo es zu Haus gehöre,
ordentlich aufgezeichnet, zu ersehen, damit sich ein Kauffmann darnach
richten, und nachdem er in gantz, halb oder nicht Zollfreye Schiffe seine
Waaren einladet, seine Rechnung darnach machen könne. - Aus: Glossar
Vom Seewesen im 18. Jahrhundert, nach Zedlers
Universal-Lexicon, 1732-1750. In: Lebensbeschreibung des Seefahrers,
Patrioten und Sklavenhändlers Joachim Nettelbeck,
von ihm selbst aufgezeichnet. Nördlingen 1987 (Die Andere Bibliothek 35,
zuerst 1825)
Schiff
(4) Ich
kannte eine Dame, die mit einem überaus ehrbaren
Edelmann verkehrt hatte, und als sie dann nach einiger Zeit auseinandergingen,
erzählten sie sich ihre vergangenen Liebschaften. Der Edelmann, der den
Galan spielen wollte, sagte zu ihr: »Was! Meintet Ihr, Ihr wart damals
meine einzige Maitresse? Ihr werdet Euch wundern, zu hören, daß ich mit
Euch noch zwei andre hatte!«
(Herzogin
von Retz, Zeichnung von François
Clouet)
Sie antwortete ihm sofort: »Und Ihr werdet noch viel erstaunter sein,
wenn Ihr meintet, allein mein Liebhaber zu sein, denn ich hatte noch drei
andre Liebhaber in Reserve.« Man sieht, ein gutes Schiff verlangt immer
zwei oder drei Anker, damit es sich recht befestigen kann. - (
brant
)
Schiff (5)
Das Schiff 1 Durch die klaren Wasser schwimmend vieler Meere 2 Und seit jener hinblich und mich diesen 3 Und die Wasser kamen, und sie schwemmten 4 Und im vierten Monde schwammen Algen 5 Möv‘ und Algen war ich Ruhestätte 6 Fremde Fischer sagten aus: sie sahen |
- Bertolt Brecht, Hauspostille. Frankfurt am Main 1963 (BS 3,
zuerst 1927)
Schiff (6) Aus einer geringen Entfernung bot das Schiff, als es vor dem Hintergrund der bleifarbenen Dünung deutlich sichtbar wurde, mit den hier und da noch darum flatternden Nebelfetzen das Bild eines weißgetünchten Klosters auf einem dunklen Pyrenäenfelsen. Aber es war nicht nur eine der bloßen Phantasie entsprungene Ähnlichkeit, denn einen Augenblick lang fühlte Kapitän Delano sich zu der Annahme veranlaßt, nichts Geringeres als eine Schiffsladung von Mönchen vor sich zu sehen. In der nebligen Entfernung sah es tatsächlich so aus, als ob dichtgedrängt dunkle Kutten über die Reling spähten, während durch die offenen Stückpforten hin und wieder andere dunkle, sich bewegende Gestalten undeutlich sichtbar wurden, Dominikanerbrüdern gleich, die im Kreuzgang umherwandeln.
Während sie noch näher herankamen, änderte sich dieses Bild, und der wahre Charakter des Schiffes wurde erkennbar - ein spanischer Kauffahrer erster Klasse, der mit einer Ladung von Negersklaven neben anderer wertvoller Fracht von einem Kolonialhafen nach dem anderen unterwegs war. Ein sehr großes und zu seiner Zeit sehr schönes Schiff, wie man dergleichen in jenen Tagen mit Abständen auf dieser Route begegnen konnten. Manche waren ausgediente Acapulco-Schatzschiffe oder ehemalig ge Fregatten der spanischen Kriegsmarine, die wie überalterte italienische Paläste noch zu den Zeiten des Niedergangs ihrer Herrschaft Zeichen einstiger Pracht bewahrten.
Je näher das Walboot herankam, um so mehr wurde die Ursache des weißgetünchten Äußeren des Fremden als eine schlampige Vernachlässigung sichtbar, die sich über das ganze Schiff ausbreitete. Die Spieren, Taue und große Teile der Reling waren flockig, so lange schon hatten sie keine Bekanntschaft mehr mit Schrabber, Teer und Bürste gemacht. In Ezechiels Tal der verdorrten Gebeine schien sein Kiel gestreckt, seine Spanten gefügt und sein Stapellauf vonstatten gegangen zu sein.
Bei seiner gegenwärtigen Verwendung hatte das Schiff in seiner allgemeinen Form und Takelung offenbar keine wesentliche Änderung seit seinem ursprünglichen Zustand als Kriegsschiff und Modell Froissarts erfahren. Indes waren keine Kanonen zu sehen.
Die Marse waren groß und ringsherum früher mit einem achteckigen Netzwerk
umgeben gewesen, das sich aber jetzt in einem trostlosen Zustand befand.
Diese drei Marse hingen oben wie drei schadhafte Vogelnester, und in einem
davon sah man auf einer Webeleine eine weiße Dummschwalbe, einen seltsamen
Vogel, sitzen, der so heißt, weil er so schläfrig und nachtwandlerisch
träge ist, daß man ihn auf See oft mit der Hand fangen kann. Verbraucht
und modrig, glich das festungsartige Vorderkastell einem alten Turm, der
vor langen Zeiten durch einen Sturmangriff genommen und dann dem Verfall
überlassen wurde. Zum Heck hin erstreckten sich zwei hochgetürmte Seitengalerien,
deren Balustraden hier und da von trockenem zunderartigem Seemoos bedeckt
waren. Dorthin gelangte man von der nicht bewohnten Staatskajüte, deren
Fensterklappen trotz der milden Witterung hermetisch verschlossen und kalfatert
waren. Diese verödeten Balkone hingen über der See, als wäre diese der
Canal Grande in Venedig. Aber das Hauptüberbleibsel vergangener Größe war
das umfangreiche Oval der schildförmigen Heckverzierung mit dem überreichlich
geschnitzten Wappen von Kastilien und Leon, umgeben von Gruppen mythologischer
oder symbolischer Darstellungen, deren höchste und zentrale ein dunkler
Satyr mit einer Maske war,
der seinen Fuß auf den gebeugten Nacken einer sich windenden, gleichfalls
maskierten Gestalt setzte. - Herman Melville, Benito Cereno. München
1967 (zuerst 1855)
Schiff (7)
Schiff (8) Ich glaube, daß der unendliche und geheimnisvolle Zauber, der in der Betrachtung eines Schiffes liegt, und vornehmlich eines Schiffes in Bewegung, in erster Linie von der Regelmäßigkeit und Symmetrie herrührt, die zu den grundlegenden Bedürfnissen des menschlichen Geistes gehören, in gleichem Maße wie die Kompliziertheit und die Harmonie; - und in zweiter Linie von der immerwiederkehrenden Vielfalt und der eingebildeten Vorstellung all der Kurven und Figuren, welche durch die tatsächlichen Grundelemente des Gegenstandes im Räume entstehen.
Der poetische Gedanke, der durch diesen Vorgang der Bewegung in den Linien
ausgelöst wird, ist die Vorstellung eines ungeheuren, unermeßlichen, komplizierten,
jedoch ebenmäßigen Wesens, eines von Geist erfüllten Lebewesens, welches leidet
und alle Seufzer und Verlangen der Menschheit zum Ausdruck bringt. - (
cb
)
Schiff (9) Jörmungandr wird sich im
Ozean wälzen und riesige Flutwellen und Stürme erzeugen. Dadurch wird das schreckliche
Schiff Naglfari auftauchen. Dieses ist aus den Fingernägeln toter Männer gemacht
worden. Loki wird mit Naglfari nach Wigrid fahren, während
Fenrir und Jörmungandr es geleiten werden. Fenrir wird alles, was ihm in den
Weg kommt verschlingen und die Midgardschlange ihr Gift in alle Richtungen spucken.
Naglfari wird nichts als Verwüstung zurücklassen. -
Lokis
Mythologie
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