Schicksalsmann   NANI: Da hupfen s' hin, die leichtsinnigen Geschöpfe; ich begreife nicht, wie man in den letzten Faschingstagen noch so lustig sein kann. Morgen ist der Faschingsdienstag, das ist der Sterbetag des Faschings, und mit ihm wird für jede Übriggebliebene eine fehlgeschlagene Hoffnung begraben. Wie viele Fasching werde ich noch mit ledigem Gesicht erblicken? Schad', daß es jetzt keine Feen mehr gibt, zu denen man sagen könnt': „Mächtige Beherrscherin der Lüfte, zeig mir den meinigen Zukünftigen, laß ihn erscheinen vor mir im vollsten Glanze seiner Schönheit!"

LORENZ tritt von der Straße ein, ohne Nani zu bemerken: Da bin ich. Mein Berufsgeschäft ist aus, die Herzensgeschäfte fangen erst in einer halben Stund' an, ich muß die Zwischenzeit auf eine nützliche Weise ausfüllen. Ruft: A Seitel Sechser!

NANI für sich: Ich hab' eine völlige Beklemmung kriegt, ich fordere das Schicksal heraus, mir meinen Zukünftigen zu zeigen, und der Musje Lorenz kommt. - Sollte dies der Mann sein, auf den das Schicksal mit Fingern zeigt?

LORENZ sie bemerkend: Die Wäscher-Nani -

NANI laut: Guten Abend, Herr Lorenz!

LORENZ: Ich tät' gern recht g'sprächig und freundlich drauf sagen: ich wünsch* Ihnen desgleichen; aber ich bin heut' übel aufg'legt, darum erwidre ich den guten Abend, den Sie mir wünschen, nur mit einer stummen Verbeugung. Geht zu einem Tisch, auf welchen mittlerweile der Kellner Wein hingestellt bat, und trinkt.

NANI: Da haben S' recht, daß Sie herkommen sind; wenn man übel aufg'legt ist, nur auf ein'n Ball gehn, da gibt sich alles.

LORENZ: Ist da Ball? Wenn ich das g'wußt hätt', war' ich gar nicht hergangen. Ich liebe die öffentlichen Orte nicht; ich geh' daher auch für gewöhnlich immer nur in die Wirtshäuser, wo ich zu Haus' bin. Und Bälle kann ich schon gar nicht leiden, außer Hausbälle, aber natürlich, da wird unsereins als gemeiner Mensch nicht eing'laden, und das ist sehr unrecht; denn Leut', die nicht tanzen und nicht diskurieren, die bloß dastehn, wie die Stöck', die find't man auf jedem Hausball, und ich sag': Wenn man Stock' einladet, so könnt' man schon ein'm Holzhacker auch die Ehr' antun. - Es ließ' sich da allerhand drüber sagen, aber ich bin nicht aufg'legt zum Reden.    - Johann Nestroy, Die verhängnisvolle Faschingsnacht In: J. N., Werke, Hg. O. M. Fontana. Darmstadt 1968 (zuerst 1841)

Mann Schicksal


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