Schaubude   Die großen und schönen und jungen Männer, welche mein wackelndes Hinterteil nicht erregte, wurden auch von dem rastlosen Poppes vergeblich auf Anzeichen untersucht, die seine Anwesenheit vermeldeten. In sanfter Langeweile hingen die langen, faltenlosen Dinger zwischen den marmornen Schenkeln. Ihre nackten Gesäße rundeten sich entspannt, und mit gleichgültig traurigen Augen blickten sie auf das Brettergerüst der Schaubude, wo dessen Besitzer Montaigne fünf Frauen und fünf Männer in einem Glied aufgestellt hatte, um für die Demonstration ihrer NormaHtät mehr Platz zu haben; er bewies mit jeder Deutung seines Zeigestabes den Mangel jeder Absonderlichkeit in diesen Gesichtern, die sich, wie alles übrige bis zu den Schuhgrößen herunter, im Rahmen des Gewöhnlichen hielten, was sie selbst, wie er ausführte, nicht etwa erschrecke, obwohl sie, wie er betonte, als die Fälle, die sie mit ihren eigenen Personen darstellten, zehn Abartigkeiten vorführten.

Ich half der Amme links neben mir bei der Unterlassung ihrer schwierigen Aufgabe, eine ihrer kolossalen Brüste über den kopflosen Zwilling, der dem Gascogner links neben mir auf den Leib, genauer auf dessen Bauch gewachsen war, in keinen Mund, genauer: mit der Spitze zwischen keine blöde geöffneten Lippen zu stoßen. Der Zwickel der Hose des rechten Nachbarn, eines etwa dreißigjährigen Hirten aus Medoc, zeigte unzweideutig das, was ich nur mit Manipulationen und einer Binde erreicht hatte, nämlich das Nichts, welches mich zur Frau machen sollte, ihn jedoch von Natur zum Mann gemacht hatte, der keinerlei Geschlechtsorgane besaß; daß sich keine Rille ausprägte, vollendete diese schreiende Fehlanzeige, die über seinem bartlosen Gesicht verhallte. Die Ursache aber für meine mangelhafte Aufmerksamkeit war seine heiße Hand auf meinem Po, in den dann auch noch Herr Rummelpuff kniff, um ein Los aus seinem Bauchladen an mich loszuwerden, was ich im Augenblick ablehnen mußte, weil Meister Montaigne zur Konklusion ansetzte. Deshalb entwich der Liliputaner verärgert. Meine lieben Leute, fuhr Meister Montaigne fort, und stupste dabei die linke und rechte Brustwarze einer Frau mit seinem Zeigestab an: diese gewöhnlichen Titten beenden zwei ganz außerordentlich gewöhnliche Brüste jeweils sehr zentral und setzen zwei Punkte hinter, oder natürlich: vor einer Weichheit und einer wackeligen Fülle, die das weibliche Nervensystem dieser Person ungemein deutlich zu Fleisch kommen lassen.  - Paul Wühr, Das falsche Buch. Frankfurt am Main 1985

Schaubuden (2)  Cirkusfragmente, Ladenhüter des Cirkus, seine Flohmärkte sind die Schaubuden. Sie sind das Fegefeuer neben der Glorie.

Sie sind so sehr das Fegefeuer, daß die großen Anzeigen, auf denen gemalt ist, was drinnen passiert, wie die Bilder der armen Seelen im Feuer von Flammen umgebene Gestalten sind. Diese Abbildungen sind zugleich Abbildungen des Todes, denn sie sind in der Farbe des Todes gemalt, die Gesichter haben diese eigentümliche gelbe Farbe des Todes. Ein Museum, das weniger selbstgefällig und unnütz wäre, wie es alle Museen sind, müßte diese Bilder aulbewahren, um ihnen die verdiente Ewigkeit zu gewähren. Auf all diesen Leinwänden sieht mau einen Teufel, einen echten Teufel, welcher derjenige ist, der mit denen dort zusammenarbeitet, die sich nicht trauen, Gott zu ihrem Mitstreiter zu machen. Die Farbe auf diesen Bildern windet sich in Schlangenlinien, es ist eine lebhafte Farbe, lodernd wie ein Feuer, eine Farbe ohne Glasur, von unnachahmlicher Härte.

Der düstere Hintergrund dieser Bilder hat etwas vom Hintergrund El Grecos, wenngleich ausgeprägter und ernster; ein Greco ohne Etikette und ohne Beschränkung, ein echter Greco, was die Verzerrung betrifft. Alles auf diesen Bildern ist übertrieben gemalt und in einer grausamen und gierigen Weise, die dem Leben angemessen ist. Eine Realität, die stärker als alles andere ist und ihr Mißtrauen gegenüber der Kunst behauptet, verleiht diesen erstaunlichen Bildern eine derbe Maßlosigkeit. Der tiefere Sinn des Lebens zeigt sich hier als Fäulnis und Fieber.  - (cirkus)

Jahrmarkt

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