chattenecke
Er bemerkt, daß Rózsavölgyi inzwischen fast unsichtbar
geworden ist im Schatten, daß das Weiße in seinen Augen jetzt tatsächlich weiß
leuchtet, durch die Luft irisiert, verschwindet und wieder neu aufblitzt...
es kostet Rózsavölgyi Überwindung, in dieser Schattenecke zu verweilen. Sie
zählt wirklich nicht zu den Orten, an welchen er sich bevorzugt aufhält. Einmal
ist da das Phänomen, daß der Rest des Zimmers auf Distanz gerückt erscheint,
so wie durch den Sucher einer Kamera ... und dann die Wände
- sie scheinen nicht... ja, nicht mehr stabil zu sein, scheinen zu fließen,
eine zähe Viskosität, ein Kräuseln wie über Seiden- oder Nylonflächen, wäßrig
grau gefärbt mit einer gelegentlichen überraschenden Insel in der Flut, einem
Farbklecks, der vollkommen fremd wirkt in diesem Raum - safrangelbe Spindeln,
palmengrüne Ellipsen, magentarote Fjorde, die sich kammartig in comix-gelbrot
zerfetzte Inselklumpen auffasern, während sich der angeschossene Jäger in die
Kurve legt, die Zusatztanks und das silbrige Kabinendach abwirft, die Klappen
ausfährt, bis fast die Strömung abreißt, und wieder hochzieht, hoch, als das
Blau (plötzlich, so ein heftiges Blau!) heranrast und Zündung raus und uhhnnhh!
Scheiße! das Riff, wir schlagen genau über dem Riff auf - oh. Oh, das war gar
kein Riff? Wir-wir sind gerettet? Wir sind gerettet! Mangofrüchte, da sind ja
Mangofrüchte auf dem Baum dort drüben! U-und da ist ein Mädchen - da sind 'ne
Menge Mädchen! Mensch, schau doch, einfach sagenhaft, ihre Titten ploppen richtig
raus, und diese Grasröckchen schwingen sie alle und spielen Ukulele und singen
(obwohl - warum sind ihre Stimmen so metallisch und scharf? -) - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei
Hamburg 1981