Schattenarten   Ein sehr häufig vorkommender Schatten, der uns von der Natur geliefert wird und sich nicht künstlich herstellen läßt, ist der Wolkenschatten. Der Versuch, Wolken zu reproduzieren, ist ein aussichtsloses Unterfangen. Der einzige Fall, wo es dem Menschen gelungen ist, einen so riesigen Schatten wie den der Wolken herzustellen, muß aus unserem Blick und aus unserer Erinnerung getilgt werden: Jener Schatten hatte leider die Form eines Pilzes.

Beliebig hingegen lassen sich menschliche Schatten produzieren. Der Schatten eines Mannes mit Hut, der Schatten einer schwangeren Frau, der Schatten eines Greises mit Stock, der Schatten eines alten Ehepaares, der Schatten eines Kindes an der Hand seiner Mutter, der Schatten eines Mädchens auf einem Fahrrad, der Schatten einer Dame mit Hündchen an der Leine, der Schatten einer nackten Frau. Dabei handelt es sich um ausdrucksvolle oder mondäne, in einigen Fällen leicht manierierte, aber völlig risikolose Schatten. Schwieriger zu produzieren und zu verwenden: der Schatten eines fliehenden Handtaschendiebs, der Schatten eines Selbstmörders, der sich von einer Brücke stürzt, der Schatten eines Entführers oder eines Terroristen, während er schießt. Dies sind Schatten, die nur dann aufregend wirken, wenn sie von echten Personen oder Handlungen produziert werden, und deshalb schwer zu planen sind. Wenn man nicht über die erforderlichen Mittel und Energien verfugt, um die Schatten anderer zu produzieren und zu verfolgen, kann man sich mit dem eigenen Schatten begnügen. Das kostet weder Geld noch Mühe, doch niemand darf sich der Hoffnung hingeben, sich in den eigenen Schatten flüchten zu können.  - (gesp)

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