»David Connors?« fragte er mit sanfter Stimme.
Connors trat ans Gitter. »Ja«, sagte er. »Was wollen Sie?« Das Gesicht des Priesters war feierlich. Er sagte:
»Weißt du, daß du in fünf Tagen sterben mußt?«
Connors sagte: »Da erzählen Sie mir nichts Neues.«
»Ich bin gekommen, um dich auf den Tod vorzubereiten«, sagte der Priester. Seine linke Hand hielt ein silbernes Kruzifix.
Connors sagte: »Von wegen.« Er schob sein eckiges, muskulöses Gesicht ans Gitter. »Hauen Sie ab.«
Der Priester war verblüfft. »Aber, aber, mein Junge«, sagte er, »du weißt nicht, was du sagst.«
»Hauen Sie ab«, wiederholte Connors.
Der Priester sagte: »David Connors, es bräche deiner Mutter das Herz, wenn sie dich hören könnte.«
»Ich hab nie eine Mutter gehabt«, sagte Connors. Seine Stimme war trotzig und furchtsam.
»Was! Du verleugnest deine Mutter?« Die Stimme des Priesters war von Entsetzen erfüllt. »Die Mutter, die dich unter dem Herzen getragen und Schmerzen für dich gelitten hat?« Seine Finger schlossen sich fester um das Kruzifix. »Was bist du für ein Sohn?«
Dunst hatte die Sonne getrübt, und das Licht auf dem Korridor war wie wäßrige Milch. Das Gesicht des Priesters war rot. Er atmete geräuschvoll.
»Hauen Sie ab«, sagte Connors.
Der Priester hob das Kruzifix, seine Brauen berührten sich über der Nase. Er machte den Mund auf, hielt inne, machte ihn zu; sein Zorn verrauchte. Er wandte sich von Connors ab, ging auf Robert Westland zu. »Bist du Katholik, mein Sohn?« fragte er.
Westland sagte: »Nein, Hochwürden.«
Das rhythmische Rascheln des Priestergewandes wurde immer leiser, während
er sich dem anderen Ende des Korridors näherte. - Jonathan Latimer, Wettlauf
mit der Zeit. Zürich 1990 (zuerst 1935)
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