argbett Der Herr ging zu Meir und befahl: ›Mache mir ein Bett, das wie ein Sarg aussieht, so daß ich, wenn ich sterbe, in meinem eigenen Bett begraben werden kann.‹ Meir dachte sich wahrscheinlich, der Herr habe den Verstand verloren, aber in jenen Zeiten tat ein Handwerker, was man von ihm verlangte. Er zimmerte einen Sarg, der groß genug war für eine Matratze, ein Kissen und eine gesteppte Decke. Der Herr rief die Leute des Schlosses zu sich und sprach zu ihnen: ›Da eines jeden Menschen Ende der Sarg ist, werde ich von nun an in diesem Sarg schlafen.‹ Im Winter stand der Sarg in seinem Schlafzimmer. Im Sommer stellte er ihn in das kleine steinerne Haus und schlief dort, bis es wieder kalt wurde. Seine Freunde fragten ihn: ›Was nutzt es, in einem Sarg zu schlafen?‹ Er antwortete: ›Ich will immer an mein Ende denken. Und außerdem möchte ich meiner Frau so nah wie möglich sein.‹ Ihr kennt den San Fluß. Im Vergleich zur Weichsel ist er ein kleiner Fluß. Aber in jenem Winter schneite es Tag und Nacht. Nach dem Pessachfest ließ der Herr seinen Sarg in das steinerne Haus bringen und schlief dort jede Nacht. Mitten in einer dieser Nächte trat der Fluß über seine Ufer. Der Herr schlief und wußte von nichts. Die Tür des steinernen Hauses stand offen. Das Wasser rauschte herein, und bald schwamm der Sarg wie ein Boot. Er schwamm durch die Tür hinaus, während der Gutsbesitzer weiterschnarchte - wahrscheinlich hatte er mehr als gewöhnlich getrunken.
Als man im Schloß merkte, was geschehen war, schickte man Bauern aus, den
Herrn zu retten, aber das Wasser war tief und kein Boot war vorhanden. Sie warteten
tagelang, bis das Wasser zurückging, doch dann war von dem Sargbett keine Spur
zu finden. Einige sagten, es hätte wohl die Weichsel erreicht und sei von dort
ins Meer getrieben. Andere glaubten, Dämonen hätten es erbeutet. -
Isaac Bashevis Singer, Der Schneesturm. In: I.B.S., Der
Kabbalist
vom East Broadway.
München 1978 (zuerst 1972)
Sargbett (2) »In der Nähe von Kocica gab es einen Gutsbesitzer, Graf Chwalski, und der schlief nicht im Bett, sondern in einem Sarg.«
»Warum in einem Sarg?«
»Da der Sarg das Ende ist, sollte man sich beizeiten daran gewöhnen, sagte er. Er hatte weder Frau noch Kinder. Der verrückte Chwalski, so nannte man ihn.«
»Starb er darin?« fragte Breina Gitel.
»Er verbrannte zu Asche. Sein Schloß war ganz aus Holz und eines Nachts leuchtete
es auf wie eine Laterne.« - Isaac Bashevis Singer, Der Totengräber. In: I.B.S., Leidenschaften.
Geschichten aus der neuen und der alten Welt. München 1993. (zuerst 1975)
Sargbett (3)
Sargbett (4)
Man sagte mir, es habe ein Jüngling eine Jungfrau geliebt. Die starb
und wurde in einen Sarg aus Marmor gelegt. Und auf Grund der großen Liebe, die
er zu der Jungfrau hatte, ging er in der Nacht zu dem Sarg und öffnete ihn und
legte sich zu der toten Jungfrau und hatte mit ihr zu schaffen. Dadurch geschah
in dem neunten Monat eines Nachts ein großes Wunderding. Da kam eine Stimme
und sagte zu dem Jüngling: Steh auf und geh zu deiner Frau und siehe deinen
Erben, den du ihr gemacht hast, und unterlaß das nicht, sonst wird es dir sehr
übel ergehen. Der Jüngling ging mit großen Sorgen und machte den Sarg auf.
Da fuhr ein grausiges und scheußliches Haupt aus dem Grab. Und das Haupt erwürgte
den jungen Mann. Und da versanken das Land und die Stadt. Und es ist immer noch
sehr gefährlich, dort zu reisen.
- Das Reisebuch des Ritters John Mandeville. Frankfurt am Main 1989 (zuerst
ca. 1360)
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