Salamander Ihr müßt wissen, Salamander, das ist nicht ein Tier, wie man allgemein sagt, sondern etwas ganz anderes, ihr werdet gleich davon hören. Es ist eine Tatsache, und auch ihr haltet es für eine Binsenwahrheit: kein Tier kann, gemäß seiner Natur, im Feuer existieren; denn jedes Tier besteht aus den vier Elementen. Wenn die Leute das Wort Salamander hören, meinen sie immer, es handle sich um Tiere; aber die Leute sind schlecht unterrichtet; ich werde euch jetzt eines Besseren belehren. Ich hatte nämlich einen sehr klugen türkischen Reisegefährten mit Namen Çurficar. Im Auftrage des Großkhans hatte er sich drei Jahre in jener Provinz aufgehalten, um alles mögliche, im besonderen Salamander, Eisenerz und Stahl zu fördern. Alle drei Jahre schickt der Großkhan einen Statthalter, der das Land regiert und der für die Salamanderherstellung zu sorgen hat. Mein Gefährte hat mir das Verfahren erklärt, und ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Die Minen in jenem Berge werden abgebaut, das Material wird zuerst gebrochen und zerkleinert; es hält zusammen wie Wollfasern. Dann läßt man es trocknen. Nachher reibt man es in einem Kupfermörser, anschließend wird es gewaschen. Die Fasern, von denen ich oben gesprochen habe, sind jetzt gereinigt; die Erde, die daran haftete, ist unbrauchbar. Das wollähnliche Material läßt sich gut spinnen und zu einem Gewebe verarbeiten. Der fertige Stoff ist zuerst nicht weiß; die Handwerker legen ihn deshalb eine Weile ins Feuer, dann wird er weiß wie Schnee. Und sooft der Salamanderstoff schmutzig oder fleckig ist, wird er wieder in den Flammen gebleicht. Das ist die Wahrheit über den Salamander, alles andre, was darüber erzählt wird, ist erlogen und erfunden.   - (polo)

Salamander (2)  Mit der Zeit machte er sich mit der Psychologie dieser seltsamen Wesen vertraut, erkannte ihre listige und durchtriebene Natur, lernte ihre der Menschheit feindlichen Versuche zu lahmen. Ein verbissener, erbarmungsloser, nun schon voll bewußter Kampf begann. Während Czarnocki früher das Feuer als blindes und gedankenloses Element bekämpft hatte, begann er allmählich, je mehr er dessen wahre Natur erkannte, seinen Gegner mit anderen Augen zu sehen. Statt einer verzehrenden, irrationalen Kraft bemerkte er nach Jahren eine in ihm lauernde Boshaftigkeit, ein nach Zerstörung und Vernichtung gierendes Wesen, mit dem man rechnen mußte. Binnen kurzem entdeckte er auch, daß man auf der anderen Seite den Wechsel seiner Taktik erkannt hatte. Nun nahm der Kampf individuellen Charakter an.

Und niemand auf der Welt war im gleichen Grade dazu berufen wie Antoni Czarnocki, der Leiter der Feuerwehr in Rakszawa.

Die Natur selbst hatte ihn mit besonderen Eigenschaften ausgestattet und ihn gewissermaßen von vornherein zum Bändiger des Elements bestimmt. Sein Körper war mit absoluter Unempfindlichkeit dem Feuer gegenüber begabt; selbst in der größten Feuersbrunst, in einer Flammenorgie konnte er ungestraft ohne die leichteste Verbrennung umhergehen.

Wenngleich seine Stellung als Leiter keine persönliche Aktion während eines Brandes erforderte, schonte er sich dennoch nicht und stürzte sich in das heißeste Feuer. Manchmal schien es, als ginge er in das sichere Verderben, dorthin, wo kein Feuerwehrmann mehr Mut hatte sich vorzuwagen, doch - o Wunder! - er kehrte heil und gesund zurück mit einem guten, etwas rätselhaften Lächeln auf dem männlichen, von der Glut des Feuers beleuchteten Gesicht. - Stefan Grabinski, Das Abstellgleis. Frankfurt am Main 1971 (Insel, Bibliothek des Hauses Usher, zuerst 1953)

Salamander (3)  Geschrieben steht: Und gehet durchs Feuer, die Flamme wird euch nicht verbrennen.

Ist ein Tier, genannt Salamander. Der Physiologus sagt über den Salamander: Wenn er hineingeht in den Feuerofen, löscht er ihn aus. Und wenn er in die Heizung des Bades hineingeht, löscht er das ganze Bad aus.

Wenn nun der Salamander kraft seiner eigentümlichen Art auslöscht, wie können dann gewisse Leute daran zweifeln, daß die drei Jünglinge, als sie in den Feuerofen geworfen wurden, keinerlei Schaden nahmen, sondern im Gegenteil den Ofen auslöschten? Denn geschrieben steht, daß, auch wenn du durch das Feuer gehst, dich die Flamme nicht brennen wird.

Und wenn der Salamander das Feuer auslöscht kraft seiner eigentümlichen Art, um wieviel mehr ziemt es sich, daß die Gerechten, die da wandeln auf dem Pfad der Gerechtigkeit, auch das Feuer auslöschen und den Löwen den Rachen stopfen! Wohlgesprochen hat also der Physiologus über den Salamander.  - (phys)

Salamander (4)   »Du hattest Witz und Phantasie und die Fröhlichkeit eines Freibeuters. Aber ich mußte auch nicht zusehen, wie dir der Verstand absoff, und nachts wachliegen und dir zuhören, wie du das Haus aus den Fugen schnarchtest.« Ihre Stimme wurde ein bißchen atemlos. »Und was das Schlimmste von allem ist - oder fast das Schlimmste -«

»Wir sind Schriftsteller, wir müssen alles qualifizieren«, murmelte Hank in seine Pfeife.

»- du bist am Morgen dann nicht einmal reizbar. Du wachst nicht mit glasigen Augen auf und einem Kopf wie ein Faß. Du lächelst einfach und machst in aller Ruhe da weiter, wo du aufgehört hast. Was dich als den typischen ewigen Säufer kennzeichnet, der im Alkoholdunst geboren ist und darin lebt wie der Salamander im Feuer.«

»Ich glaube, vielleicht solltest du den Roman schreiben und ich das Stück«, sagte Hank.

Ihre Stimme verschärfte sich, steigerte sich zur Hysterie. »Weißt du eigentlich, was aus Männern wie dir wird? Eines schönen Tages zerfliegen sie in tausend kleine Stücke, wie wenn eine Granate sie getroffen hätte. Jahre und Jahre lang ist überhaupt kein Anzeichen des Verfalls zu sehen. Sie be-trinken sich jeden Abend, und jeden Morgen fangen sie wieder an, sich zu betrinken. Sie fühlen sich wundervoll. Es beeinträchtigt sie nicht im mindesten. Und dann kommt der Tag, wo alles auf einmal passiert, was bei einem normalen Menschen langsam passieren sollte, schrittweise, innerhalb vernünftiger Zeit. Diese Minute noch siehst du aus wie ein ganz gesunder Mann, und in der nächsten schon bist du ein verschrumpeltes Horrorwesen, das nach Whisky stinkt.« - (cha)

Salamander (5)   Durch den überstürzten Rückzug des Marschalls war es nicht möglich gewesen, dieses provisorische Lazarett zu evakuieren. So waren die drei- oder vierhundert armen Teufel, die man der Barmherzigkeit des Siegers überließ, dazu verurteilt, lebendig verbrannt zu werden - und zwar durch den entsetzlichen Idioten Steinmetz, der sich auf diese Art im Voraus für die königliche Revanche rächen wollte, die ihm zwangsläufig durch die stupide Verschwendung der eigenen Truppen erteilt werden sollte.

Ich weiß nicht, ob es einfacher ist, sich eine solch furchtbare Sache vorzustellen oder sie zu beschreiben. Unser Salamander, der zugleich Zeuge und Opfer war, entkam der entsetzlichen Qual nur knapp und unterbrach von Zeit zu Zeit sein scheues, mönchisches Schweigen, in das er seine Seele einschloss, um darüber zu sprechen.

Er sagte dann einige sehr knappe Worte, die Gänsehaut hervorriefen, aber die Wunden, die seinen Körper übersäten, waren redseliger als sein Schweigen.

Er hatte seine Augen retten können, wenn auch ohne Lider, sie glichen zwei dunklen Metallnägeln inmitten zweier blutig-schwulstiger Löcher; aber Nase, Lippen und Ohren waren verschwunden, und drei Viertel des Gesichts waren schwarz, verbrannt, als hätte man sie mit einem Pinsel heißer Lava bestrichen.

Man hatte ihm drei Finger der linken Hand amputieren müssen, und sein beständiges Hinken, dem sich seltsame Ticks zugesellten, ließ vermuten, dass auch der Rest seiner Person die grausame Nähe der Glut zu spüren bekommen hatte.

»Ich wurde im Fett der armen Kerle gebrutzelt«, pflegte er zu sagen.

Denn die Flammen hatten schließlich die Masse der menschlichen Körper erfasst, auf die der glühende Dachstuhl niederstürzte.   - Léon Bloy, Blutschweiß. Berlin 2011 (zuerst 1893)

Echse

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VB
Feuer

 

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