Sakralkönig  Er trägt eine Eichenkeule, weil die Eiche seine Tiere und sein Volk mit Nahrung versorgt und weil sie, mehr als jeder andere Baum, den Blitz anzieht. Seine Symbole sind die Eichel, die Felsentaube, die m Eichen wie in Felsspalten nistet; die Mistel, oder loranthus; und die Schlange. All dies sind Sexualsymbole. Die Taube war der Liebesgöttin der Griechen und Syrer heilig; die Schlange war das älteste phallische Totemtier; die Eichel mit ihrer becherförmigen Schale stand im Griechischen wie im Lateinischen für den glans penis; die Mistel war ein Allheilmittel, und ihre Namen viscus (lat.) und ixias (grch.) hängen mit vis und ischys (Kraft) zusammen - vielleicht wegen der dem Sperma ähnlichen Flüssigkeit ihrer Beeren, denn Sperma ist das Vehikel des Lebens. Dieser Herakles ist der männliche Anführer aller orgiastischen Riten und hat zwölf Bogenschützen als Gefährten, darunter seinen speerbewaffneten Zwillingsbruder, der sein tanist oder Stellvertreter ist. Er geht alljährlich eine Waldhochzeit mit einer Königin der Wälder ein, einer Art marianischer Jungfrau. Er ist ein gewaltiger Jäger, und er macht, wenn nötig, Regen, indem er mit der Eichenkeule donnernd auf eine hohle Eiche schlägt und mit einem Eichenast einen See aufwühlt - oder aber, indem er Kiesel in einer heiligen Koloquinthen-Kalebasse oder später schwarze Meteoritensteine in einem Holzkasten schüttelt - und damit durch sympathetische Magie Gewitter anlockt.

Die Art seines Todes läßt sich aus einer Vielzahl von Sagen, Volksbräuchen und anderen religiösen Spuren rekonstruieren. Zu Mittsommer, am Ende einer halbjährigen Herrschaftsperiode, wird Herakles mit Met betrunken gemacht und in die Mitte eines Kreises von zwölf Steinen geführt; diese stehen um eine Eiche, vor der sich der Steinaltar befindet. Die Eiche ist so behauen, daß ihre restlichen Äste eine T-Form bilden. An diese Eiche wird er mit Weidenruten »in fünffachen Banden« gefesselt, wobei Handgelenke, Hals und Knöchel zusammengebunden sind; seine Gefährten schlagen ihn bewußtlos, und dann wird er gehäutet, geblendet, kastriert, mit einem Mistel-Ast gepfählt und zuletzt auf dem Altarstein in Stücke geschnitten.* Sein Blut wird in einem Becken aufgefangen und dann über die ganze Stammesgemeinschaft verspritzt, um sie stark und fruchtbar zu machen. Die Glieder werden über Zwillingsfeuern aus Eichenscheitern geröstet, und diese wurden mit einem heiligen Feuer entzündet, das von einer vom Blitz getroffenen Eiche bewahrt oder durch das Drillen eines Erlenoder Kornelkirschenstabes in einem Eichenscheit angefacht worden war. Dann wird der Stamm entwurzelt und zu Reisern gespalten, die den Flammen übergeben werden. Die zwölf berauschten Männer rasen in einem wilden Achter-Tanz um die Feuer, singen ekstatisch und zerreißen mit den Zähnen das Fleisch. Die blutigen Reste werden im Feuer verbrannt - außer den Genitalien und dem Kopf. Diese werden in ein Boot aus Erlenholz gelegt und auf einem Fluß zu einer Insel überführt; auch wird das Haupt manchmal mit Rauch gebeizt und für Orakelzwecke verwahrt.

* Über die »fünfachen Bande« berichtet der arabische Kaufmann Suleyman im Jahr 851 n. Chr. aus China. Er schreibt: »Wenn der zum Tod Verurteilte auf diese Art gefesselt ist und eine festgelegte Zahl von Schlägen erhalten hat, wird sein immer noch schwach atmender Leib denen übergeben, die ihn verzehren müssen.«

  - (grav)

König

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VB
Heiligkeit

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