agen
Das Leere ist der Weg. Ich bin sogar abseits
der Leere, ich habe den Weg verlassen. Ich habe immer immer nur nachgesagt.
Man hat mir vieles nachgesagt, aber das stimmt fast alles nicht, ich habe selber
nur nachgesagt und ich behaupte, das ist jetzt das eigentliche Sagen. Wie gesagt,
einfach sagenhaft. So viel gesagt ist schon lange nicht worden. Man kommt mit
dem Zuhören gar nicht mehr nach, obwohl man zuhören muss, um etwas zu können.
In dieser Hinsicht, die in Wirklichkeit ein Wegschauen ist, auch ein Wegschauen
von mir selbst, kann man mir aber nichts nachsagen, gibt's nichts, das
gibt nichts her.
Ich schaue dem Leben immer nur nach, meine Sprache zeigt mir den Rücken,
damit sie fremden Leuten den Bauch zum Liebhaben hinhalten kann, schamlos, mir
zeigt sie den Rücken, wenn überhaupt irgendetwas. Zu oft gibt sie mir kein Zeichen
und sagt auch nichts. Manchmal sehe ich sie dort drüben gar nicht mehr; und
jetzt kann ich nicht einmal sagen, wie gesagt, denn ich habe es zwar schon öfter
gesagt, aber ich kann es jetzt nicht mehr sagen, mir fehlen die Worte. -
Elfriede Jelinek, Nobelpreisrede (Nach: Berliner Zeitung vom 8. Dezember 2004)