äfte   Der Körper des Menschen hat in sich Blut und Schleim und gelbe und schwarze Galle, und das ist die Natur seines Körpers, und dadurch hat er Schmerzen und ist gesund. Am gesundesten ist er, wenn diese Säfte im richtigen Verhältnis ihrer Kraft und ihrer Quantität zueinander stehen und am besten gemischt sind. Schmerzen hat er, wenn etwas von ihnen zu viel oder zu wenig vorhanden ist oder sich im Körper absondert und nicht mit dem Ganzen vermischt ist. Denn notwendig wird, wenn etwas von diesen Säften sich absondert und für sich bleibt, nicht nur der Körperteil, von dem es sich absondert, krank, sondern es macht auch die Stelle, wo es sich sammelt und wohin es sich ergießt, durch Überfüllung Schmerz und Beschwerden. Und auch wenn aus dem Körper von diesen Bestandteilen mehr herausfließt, als er im Übermaß hat, macht die Entleerung Schmerz. Wenn andererseits die Entleerung, die Ortsveränderung und die Abscheidung von den anderen Stoffen im Innern des Körpers stattfindet, so muß das nach dem Gesagten den Stellen doppelten Schmerz bereiten, von denen etwas sich absonderte und wohin es übermäßig floß.  - (hi)

Säfte  (2)  Konnten Rumegotto und Devitis als brave Wohnungs- und Studienkollegen nicht die Schicht wechseln? Nein, denn die Cordellato verlangte morgens den Saft von Rumegotto und am späten Nachmittag den Juice von Devitis; sie ließ sich keineswegs mit vorsekretierter und zu Hause eingefrorener Flüssigkeit hinters Licht führen. Das Devitissche Destillat, würzig und beißend (möglicherweise aufgrund der abruzzesischen Herkunft von Giampaolo), ist viel flüssiger, wässriger und verflüchtigt sich schneller; wird es der Luft ausgesetzt, so verliert es, da es extrem empfindlich auf Temperaturschwankungen reagiert, schnell die Farbe und wird durchsichtig wie Glas. Im Gegensatz dazu kann die lacrima Rumegotti nicht mit einem derart ausgeprägten Bouquet aufwarten; sie verliert sich in einen Geschmackshauch von buttrigem Marzipan und kalten Röstkastanien. In dem ehemaligen Joghurtglas zusammengekauert wie eine mißmutige Qualle verliert das klebrige Gemisch nicht im mindesten sein grelles Weiß: schlagsahnefarbene Haufenwolke am Horizont, Zuckerwatte am Julihimmel eines sonnigen Nachmittags an der Adria.

 Fabrizios Saft ist ideal für die postklimakterische Haut, die morgens mit dem Bedürfnis nach aktiven Wirkstoffen und nahrhaften Substanzen erwacht, während am späten Nachmittag das Cordellatische Epithel viel weniger aufnahmefähig ist, weil die mißtrauischen Poren schon halb geschlossen sind, nachdem sie den ganzen Tag der Scheuerwirkung der Luft ausgesetzt waren. Das Devitissche Duftwässerchen, in dem der Prostatasaft das lebende Samenferment verwässert, ist hervorragend dafür geeignet, die Follikel zu liebkosen, die Hautoberfläche zu umschmeicheln und das Derma zu glätten.

 Die Cordellato hat die Geschmacksunterschiede der beiden Produkte vorher nach Hausfrauenart eine Woche lang im Vergleich getestet: Und sie hat gut daran getan, da man nie sagen kann, inwieweit die Eigenschaften des männlichen Saftes von der Ernährung, von der Menge der Flüssigkeitsaufnahme usw. abhängen. Es ist zum Beispiel allgemein bekannt, daß der Mannessaft im Sommer viel dickflüssiger ist, weil die Körperleitungen auf Sparflamme laufen, hier ein Ventil zur Hälfte schließen, dort einen Bolzen halb zudrehen, die Gefäßkanäle verengen und das für die Prostata bestimmte Wasser genau bemessen; im Winter hingegen gibt der geringere Schweißverlust dem Körperhaushalt seinen Wasservorrat zurück. So wird das Sperma wieder zu einer Ampulle voll Mandelmilch.  - Tiziano Scarpa, Von der Not der Mieter, in: Italia fantastica! Berlin 1997 (WAT 280)

Säfte  (3)  Werden die Säfte im Menschen zu stark erregt und berühren sie dann die Adern der Leber, so wird deren Feuchtigkeit vermindert und auch die der Brust verringert, und so wird der ausgetrocknete Mensch in Krankheit gestürzt. Die Flüssigkeit in einem solchen Menschen trocknet aus und wird vergiftet, sie steigt dann in das Gehirn und führt zu Kopf-und Augcnschmerzen, zehrt das Mark in den Knochen aus und hat zuweilen die hinfallende Krankheit zur Folge, wenn der Mond eben im Abnehmen ist. Wenn nämlich die Gedanken des Menschen Wildheit und tyrannische Harte annehmen und auf eitle Abwege kommen, so unterdrücken sie infolge dieser Tyrannis die Gerechtigkeit, die vom Taue des Heiligen Geistes übergössen durch die Heiligkeit guter Werke aufsprießen sollte, und schwächen und trocknen die übrigen Tugenden in ihm aus. Sie verwandeln das Wissen, den Anfang, das Streben und die Kraft zu gerechten Handlungen, die ehedem in ihm stark waren, durch Verzweiflung gleichsam in eine hinfallende Krankheit, weil das Licht der Wahrheit, das ihm leuchtete, geschwächt wird.

Auch die Feuchtigkeit im Nabel wird durch dieselben Säfte vertrieben und verhärtet sich, wodurch sein Fleisch voll Geschwüre und schwammig wird. Er sieht wie ein Aussätziger aus, ohne den Aussatz zu haben. Dadurch werden auch die Adern der Lenden in unrichtiger Weise berührt und erregen die andern auf gleiche Weise, so daß die richtige Feuchtigkeit in ihm ausgetrocknet wird ... und schlimme Krätze eintritt, weil die Feuchtigkeit der Enthaltsamkeit, die gleichsam in seinem Nabel die Unenthaltsamkeit hätte vernichten sollen, durch diese wilden, harten und unrechtmäßigen Gedanken vertrieben, nicht mehr durch den Tau des Heiligen Geistes benetzt wird. Wenn er aber diesen verläßt, dann faulen seine Sünden in böser Gewohnheit, so daß sie in allem wie der Aussatz durch üblen Geruch offenkundig werden. Es werden auch seine Lenden, die nicht mehr von der Keuschheit umgürtet sind, durch diese Gedanken erregt, so daß der Same der guten Werke in ihm verdorrt und sich an ihm schlechtes Beispiel krätzengleich erhebt...    - (bin)

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