Sackmenschen  Nkolle sagte: »Ich habe den andern Männern erzählt, daß ich Menschen mit zwei Bibumbi gesehen habe.« Die Männer haben mir gesagt: »Du lügst!« Nkolle ging mit der Frau darauf ein wenig im Walde hin. Sie kamen an einen Platz, auf dem saßen lauter Menschen mit Bibumbi und alle waren nackt. Es waren große, es waren kleine, es waren dicke, es waren dünne. In der Mitte war ein großes Feuer. Alle die Sackmenschen sagten zu Nkolle: »Guten Tag!« Nkolle sah, daß alle Frauen ganz nackt waren. Er sah, daß ihre Haut ganz glatt und kein Haar auf der Haut war. Da dachte er: »Die sind ganz glatt und haben kein Haar auf der Haut; das kommt vom Feuer. Wir haben kein Feuer, wir haben Haare auf der Haut und frieren. Die haben es warm!«

Die Frau brachte einen Stuhl für Nkolle. Der Sitz war ganz aus Kräutern. Nkolle setzte sich auf die Kräuter. Er saß ganz nah am Feuer. Nkolle wurde ganz warm. Er sah in das Feuer. Da lag das Fleischstück, das er gestern der Frau gegeben hatte. Nkolle sagte: »Ich esse alle Tage mein Fleisch roh. Die Sackmenschen verstehen besser, es zuzubereiten. Das muß gut sein!« Er nahm alles Fleisch, das in seinem Schultersack war. Er gab es den Frauen, damit sie es zubereiteten. Die Frauen bereiteten es. Die Frau nahm den Sack von seiner Schulter, breitete ihn am Boden (wie eine Serviette) aus, legte das bereitete Fleisch darauf und sagte: »Iß und du wirst gut werden!«

Die Frau fragte wieder: »Weshalb kommst du nicht mit den andern?« Nkolle sagte: »Gebt mir von dem zubereiteten Fleisch! Steckt es in meinen Schultersack. Ich will es mit in mein Dorf nehmen und es werden viele Männer kommen.« Nkolle nahm das Fleisch, steckte es in den Sack und ging in sein Dorf. Er rief alle Leute zusammen und sagte: »Ihr sagtet mir, daß ich gelogen habe; nun werde ich euch zeigen, ob ich gelogen habe!« Nkolle sagte: »Bringt mir euer Fleisch herbei!« Die Leute kamen mit ihrem Fleisch. Das Fleisch war roh, das Fleisch war schwarz (vom Blut), das Fleisch war alt und stank. Nkolle nahm das Fleisch, das die Frauen zubereitet hatten, aus dem Sack und sagte: »Seht meines.« Das Fleisch war braun und duftete sehr gut. Alle Männer kamen und rochen daran. Das Fleisch duftete sehr gut. Nkolle sagte: »Seht, das kommt von meinen Sackmenschen.« Es rief ein Mann: »Ich will auch hingehen!« Es rief ein anderer Mann: »Ich will auch hingehen!« Es rief ein dritter Mann: »Ich will auch hingehen!« Sie riefen alle: »Ich will auch hingehen!« Nkolle sagte: »Es ist gut, kommt mit mir. Ich gehe zu den Sackmenschen. Ich komme aber nie wieder zurück. Ich bleibe bei den Sackmenschen!« Die andern sagten: »Es ist gut!« Nkolle ging voran. Ein Mann nach dem andern kam hinter ihm her.

Alle Männer gingen mit. Sie kamen zu dem Feuer der Frauen. Die Männer sahen erstaunt auf die Frauen. Sie sahen die glatte Haut, sie sahen die Bibumbi, sie sahen, daß sie nackt waren; sie sahen alles. Die Frauen sahen auf die Männer; sie sahen die Fellschürze; sie sahen die Fellsäcke. Jede Frau trat vor einen Mann. Jede Frau kniete vor einem Mann nieder. Jede Frau setzte einem Mann einen Kräutersitz hin. Jeder Mann setzte sich ans Feuer. Jeder Mann gab sein Fleisch der Frau vor ihm. Jede Frau bereitete das Fleisch. Jede Frau breitete den Sack eines Mannes aus. Jeder Mann nahm das zubereitete Essen. Die Männer wagten erst nicht zu essen. Sie sahen, ob Nkolle äße. Nkolle aß. Die Männer aßen auch. Sie sagten: »Alle Tage war unser Fleisch blutig und schwarz. Alle Tage haben wir schlecht gegessen. Dies Essen ist gut.«   - Leo Frobenius, Schwarze Sonne Afrika. München 1996

 

Menschen, wirkliche Sack

 

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