S-BAHN
Berlin, 1965
Der Geruch nach Pulver, die Leichen sind weggeschafft, das
Gas stieg auf und verteilte sich. Kaiser, Präsident, Führer kamen
und gingen, Hausfrauen mit komischen Hüten kamen aus Vororten
einkaufen, kamen aus Stadtwohnungen, Wälder und Seen zu verdrecken und
von der »Natur« zu schwärmen. Was bleibt, ist Waggongeruch, Tabakrauch
und schale Heizungsluft, unbestimmbarer, unveränderlicher Affenhausgestank, der
auf den Sitzen lastet, die hart sind wie je nur leerer, jetzt,
da der Zug die eine Ödnis mit der andern verbindet, sich pünktlich
wie immer durch den Schotter vom Kaiser, Präsident und Führer
schiebt, angehalten wird, durchsucht, gesäubert von solchen,
denen er zu großen Dienst erwiese diesen Winter, da er, abgefertigt, die
Grenze kreuzt, das Niemandsland, und nur den Geruch hinüberträgt zu
den Neonlichtern, vorbei an dem tieferen Schnee um die Villen
toter Bankiers und dem Kiefernwald-Dunkel in die Endstation, wo
ein Fremder sich die kalten Füße vertritt.
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